Sektlaune an den Börsen

■ Die 8.000er-Marke übersprang der Dow-Jones-Aktienindex spielend

Berlin (taz) – „Unglaublich“ ist das Wort, mit dem am häufigsten die Ereignisse an den Aktienbörsen beschrieben werden. Am Mittwoch überstieg der New Yorker Dow-Jones-Index erstmals die 8.000er-Marke. Der Frankfurter Dax war zuvor über 4.200 Punkte gekommen. Jubelmeldungen auch aus anderen europäischen Börsen, vor allem Paris und London.

Vor rund einem halben Jahr erst hatte der Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan, düster vor dem „irrationalen Überschwang“ an den Börsen gewarnt. Seit Jahren mahnen Skeptiker, daß der seit fast sieben Jahren ungebremste Boom an der Wall Street bald vorbei sein müsse. Die Gesetze der Schwerkraft werden bemüht; zudem hätten die Aktienkurse längst die dahinter stehenden realen Werte der Unternehmen hinter sich gelassen. Dabei sind solche Berechnungen zumindest auf kürzere Sicht irrelevant. Entscheidend für die Kursentwicklung ist nicht die tatsächliche ökonomische Situation, sondern die Erwartung der Börsenteilnehmer. Der Boom nährt den Boom, heißt das in Lehrbüchern.

Kassandra ist derweil verstummt. Kein Wunder: wer etwa Anfang des Jahres aus seinen US- Aktien ausgestiegen wäre, hätte einen 25prozentigen Gewinn verpaßt. Und eine alternative Geldanlage lockt auch nicht. Zinsen für Anleihen sind weiterhin niedrig in den USA, und das werden sie noch eine Zeitlang bleiben. Denn Inflation droht nicht: Gerade war bekannt geworden, daß die US-Verbraucherpreise im Juni nur um 0,1 Prozent gestiegen sind. Es sei nichts zu erkennen, was das Kursfeuerwerk stoppen könnte, freute sich ein New Yorker Analyst. „Wir sind zwar auf einem hohen Niveau, aber das heißt nicht, daß wir nicht noch höher steigen können.“

Inzwischen besitzen 43 Prozent der Amerikaner Aktien. Wer 1990 beispielsweise 10.000 Dollar in die 30 Aktienwerte steckte, die den Dow-Jones-Index ausmachen, ist heute um 25.000 Dollar reicher. Auf dem Papier zumindest. Nicola Liebert