Nachgefragt
: Ruhm und Ehre in Sicht

■ Professor Thiemann über mangelnden Widerstand gegen Affenforschung

Ab dem Wintersemester soll an der Bremer Universität an Affen geforscht werden. Der Chemieprofessor Wolfram Thiemann hat sich als einziger Professor des Fachbereichs Biologie/Chemie öffentlich gegen die Berufung des auf Primatenforschung spezialisierten Biologen Andreas Kreiter ausgesprochen.

taz: Sie sind gegen Tierversuche an der Bremer Universität. Warum?

Wolfram Thiemann: Ich bin gar nicht grundsätzlich gegen Tierversuche. Unter Anwendung strenger Auflagen sind sie vor allem in der Pharmaforschung zur Erprobung neuer Medikamente oft unverzichtbar. Im vorliegenden Fall sollen allerdings Affen nach der Absolvierung eines bestimmten Versuchsprogramms zum Zwecke der Grundlagenforschung geschlachtet und seziert werden. Ohne die Qualifikation von Herrn Kreiter in Abrede zu stellen, ist das meines Erachtens nicht verantwortbar.

Kann man das Schweigen der übrigen Professoren so interpretieren, daß Sie mit dieser Ansicht alleine dastehen?

Ich denke, es gibt mehrere mögliche Erklärungen. Eine ist, daß mein Standpunkt sehr exotisch ist. Das glaube ich aber eigentlich nicht. Im persönlichen Gespräch äußern viele Kollegen eine deutliche Skepsis gegenüber Kreiters Berufung. Offensichtlich wollen sie sich damit aber nicht exponieren – zum Teil, weil sie schon lange resigniert haben, oder weil sie sich eben doch gewisse persönliche Vorteile versprechen.

Welche Vorteile bringt denn so ein Affenforscher mit sich?

Es fließen zusätzliche Forschungsmittel. Außerdem stehen interessante Konferenzen oder Möglichkeiten zur Publikation ins Haus. Professor Roth, der maßgeblich an Kreiters Berufung beteiligt ist, hat im vergangenen Herbst bei den 9. Bremer Unigesprächen erklärt, daß schon jetzt 150 Leute quer durch alle Fachbereiche in Bremen im Bereich Hirnforschung tätig sind. Das sind nicht nur Biologen, sondern auch Psychologen und Philosophen. Dazu kommt die Gründung des „Hanse-Kolleg“, von dem man sich viel Ruhm in der Hirnforschung verspricht. Der Rektor ist übrigens Professor Roth.

Früher wäre eine derartige Berufung aber doch am Fachbereich diskutiert worden.

Das ist so gut wie vorbei. Quantitativ und qualitativ hat sich Bremen an die deutsche Unilandschaft angeglichen. Das führt zur Atomisierung der einzelnen Bereiche und der Forschungsgruppen. Andererseits ist mir, nachdem ich mich gegen die Versuche ausgesprochen habe, von dem Sprecher unseres Fachbereichs auch schon richtiggehend gedroht worden.

Von Seiten der StudentInnen regt sich Protest. Aber auch da sind es die Geisteswissenschaftler und nicht die Biologen.

Rein menschlich kann ich die noch besser verstehen. Schließlich sind sie darauf angewiesen, später auch mal einen Job zu bekommen. Da könnte man noch argumentieren, daß sie sich in einer Art Zange befinden. Aber wir Professoren sitzen alle auf sicheren Posten. Da könnte man mehr erwarten.

Fragen: Jeannette Goddar