: Die Situation ist noch ungeklärt
Entwässerungshilfe fließt in den Osten, doch deutschen Firmen schwimmen derweil die Felle davon ■ Von Martin Kaluza
Als die Abwassertechnische Vereinigung (ATV) Anfang Juni deutsche Betreiber von Abwasseranlagen im Ausland nach Hennef lud, blieb nicht viel zu deuteln: Die deutschen Abwasserspezialisten haben den Kanal voll. Die Teilnehmer des Treffens kritisierten vor allem, daß hohe finanzielle Unterstützung aus Deutschland für ausländische Projekte in der Regel nicht bedeute, daß auch deutsche Firmen beauftragt würden.
Dabei schielen die Entwässerer vor allem auf vielversprechende neue Märkte in Zentralosteuropa, Asien und im Nahen Osten. Nach Schätzungen der ATV verfügt dort ein Drittel der Bevölkerung über keinen Anschluß an die Kanalisation, und nur vierzig Prozent leiteten ihre Abwässer in mechanisch- biologische Kläranlagen ein. Um dem entgegenzuwirken, werde zwar im Rahmen der Entwicklungshilfe und von Umweltschutzmaßnahmen gezielt der Bau von Kanalisation und Kläranlagen gefördert, nicht zuletzt mit deutschen Geldern. Trotzdem kämen in der Regel französische, amerikanische oder britische Firmen zum Zug. Die deutschen spielen dagegen eine untergeordnete Rolle.
Die Suppe, die nun sozusagen auszulöffeln ist, hat man sich freilich selbst eingebrockt. Im Fall der Abwassertechnik tun sich sowohl die Ost-, als auch die Westdeutschen schwer mit der Marktwirtschaft: Zu lange haben sich die vorwiegend staatlichen Betriebe auf Wassermonopol und Subventionen ausgeruht. Nach Ansicht des ATV-Pressesprechers Dr. Frank Bringewski ist die Lage in Frankreich und Großbritannien ganz anders: „In diesen Ländern hat die private Abwasserwirtschaft eine längere Tradition. Unter Margret Thatcher wurden die meisten britischen Betriebe bereits in den achtziger Jahren privatisiert.“
Wenn deutsche Firmen der Konkurrenz das Wasser reichen wollen, müssen, so die ATV, zunächst schlagkräftige Allianzen aus Planer, Baufirma und Betreiber gebildet werden. Das leuchte auch der Deutschen Bank und der Landesbank Berlin ein – sie sind, so Bringewski, neben weiteren 43 Firmen bereits Mitglieder im „Verband privater Abwasserentsorger e.V.“.
Bisweilen haben es gerade mittelständische Unternehmen schwer, Aufträge beispielsweise in Asien an Land zu ziehen. Von Deutschland aus gesehen sind Schanghai oder Jakarta böhmische Dörfer. Wer sich mit den örtlichen Gegebenheiten wie Umweltgesetzgebung und finanzieller Situation der betreffenden Regionen auskennen will, braucht gute Informanten. Um die Firmen in dieser Hinsicht zu unterstützen, wurde im vergangenen Jahr als Gemeinschaftsinitiative von Politik und Wirtschaft in Leipzig das Internationale Transferzentrum für Umwelttechnik (ITUT) gegründet, das aus einer Dienstleistungs- GmbH und einem Verein zur Verbesserung der Rahmenbedingungen besteht.
Das ITUT versteht sich, so der Vorsitzende des Vereins, Alfred Voßschulte, vor allem als eine gemeinsame Plattform, um „in den Partnerländern konkrete Beiträge für weltweite nachhaltige Prozesse leisten“. Um dies auf den Weg zu bringen, hat das ITUT in Malaysia, Thailand, Polen, Tschechien, Ungarn, China, Indien, Indonesien, Brasilien und Mexiko sogenannte „Umwelt-Area-Manager“ eingesetzt, die als Vermittlungsstationen zwischen Unternehmen und Zielregion fungieren. Zu ihren Aufgaben gehört es, den Bedarf und Förderungsmöglichkeiten von Umwelttechnik zu ermitteln, die Umweltgesetze zu kennen und außerdem vor Ort den Stand der deutschen Technologien weiterzugeben. Von allen Umwelt-Area- Managern wurde bislang Bedarf an Wasserver- und Entsorgung gemeldet, in vielen Ländern seien deutsche Fachleute gesucht. So sei es im Prinzip kein Problem, in Osteuropa Projekte zu finden.
Nun arbeitet man in Leipzig fieberhaft daran, vorzeigbare Ergebnisse zustande zu bringen. Zwar werde nun nach dem ersten Jahr seit der Einführung der Umwelt- Area-Manager schon über eine Reihe von Kläranlagen etwa in der Tschechischen Republik oder in China verhandelt. Bevor es aber letztlich zum Abschluß von bindenden Verträgen komme, müsse man damit rechnen, daß die Vorbereitung etwa zwei Jahre in Anspruch nehme.
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