Lauer als die Sommernacht

■ Die Hamburger Theater Mafia zeigt „Die Capricen der Marianne“in der Speicherstadt

Eine laue Sommernacht unter sternenklarem Himmel. Fehlt nur noch der Gondoliere zum südländischen Flair mit den pittoresken Fleeten und Brücken – und eine Prise mediterraner Kultur. Ein heiteres Theaterstück, gut abgehangen nach 163 Jahren, könnte für unbeschwerte Urlaubsgefühle auch in der Hamburger Speicherstadt sorgen.

So ähnlich mag sich das die Theater Mafia überlegt haben, als sie die Capricen der Marianne tief aus der Kiste „Selten gespielt“herausgezogen hat und die in Neapel angesiedelte Komödie in die Speicherstadt verlegte. Nette Idee, doch irgendwie wollte es nicht so recht klappen. Der Himmel war bedeckt, die Nachtluft frisch - und nur eines lau, nämlich die Aufführung selbst.

„Du bist ein glücklicher Narr“, sagt der unglücklich in die verheiratete Marianne verliebte Celoi (Rainer Süßmilch) zu seinem besten Freund Octavian (Mario Holetzeck, der auch Regie führt). „Ein Narr ist, der nicht glücklich ist“, erwidert Octavian schlagfertig und bietet Celoi an, ihn mit der spröden Angebeteten zu verkuppeln.

An Sprachwitz und bissigen Pointen fehlt es der 1833 vom Pariser Autor Alfred de Musset geschriebenen Komödie zwar nicht. Doch an der harmlos-gefälligen Inszenierung der Hamburger Theater Mafia prallten die verbalen Spitzen kraftlos ab und schienen bald so stumpf wie das Plastikschwert von Octavian. Hübsch die mittelalterlichen Gitarrenklänge, gekonnt das Fechtduell Celois mit Scheingegnern, nett auch mancher Regieeinfall, der die Freiluft-Spielstätte ironisch miteinbezog - etwa wenn sich Celoi aus Liebeskummer erhängen will, aber weit und breit keine Decke zur Befestigung des Stricks findet.

Doch dekorative Ideen allein machen noch keine spannende Geschichte aus, zumal das Tempo der Handlung durch sich wiederholende Gags und eine Überfülle an pantomimischen Kapriolen ständig verschleppt wurde. 90 lange Minuten hing die Frage in der Luft, was uns bloß an diesem konventionellen Plot interessieren soll. Vielleicht die Entwicklung Mariannes von der kreuzbraven Ehegattin zur frechen, selbstbestimmten Frau, die sich entschließt, einen Liebhaber zu nehmen? Oder Octavians Konflikt zwischen Freundestreue und Frauenliebe?

So richtig vom harten Klappstuhl konnte einen das alles nicht reißen. Und die Darsteller trugen ihren Teil dazu bei. Verkörperte Christiane Pohle die Marianne noch überzeugend als eigensinnig-sinnliche Frau hinter der Maske der Hochnäsigen, so blieb der unsicher agierende Mario Holetzeck als fröhlich-trauriger Lebemann Octavian von Anfang an eine Fehlbesetzung.

Eher peinlich als provokant wirkte auch das mitten im Stück lebhaft vorgetragene Klagelied der Schauspieler, als freie Theatergruppe ziemlich mittellos dahinzukrebsen. Das freimütige Bekenntnis konnte die fröstelnden Zuschauer in dieser wolkigen Sommernacht schon lange nicht mehr für sie erwärmen.

Karin Liebe