„Das geht auf die Knochen“

■ Er ist 16 Jahre alt und eines der größten Nachwuchstalente bei Werder Bremen: Simon Knipper, der Junge aus Einbek, der früher sogar mal „trainingsfaul“war

„Starrummel geht mir am Arsch vorbei“, sagt Simon Knipper. Dabei könnte sich der 16jährige durchaus etwas auf seine Leistungen einbilden. Er ist einer der jüngsten im Kader der deutschen Fußballnationalmannschaft U17. Thomas Schaaf, Nachwuchstrainer in Bremen urteilt: „Simon ist einer unserer auffälligsten Jugendspieler bei Werder Bremen.“Satte Leistung, denn Simon agiert nicht als Stürmer, er spielt in der Abwehr. „Was soll das, wenn wir vorne tolle Tore schießen“, philosophiert der Jungbremer, „und hinten den Kasten voll kriegen. Ich glaube, ich geh als Manndecker ziemlich hart zur Sache, wie Jürgen Kohler oder Thomas Helmer“, schmunzelt Simon.

Fußballspielen als Beruf: Was für andere aufregend erscheint, ist für Simon ganz normal. „Ich brauche Druck, um eine sehr gute Leistung zu bringen. Aber es muß Spaß machen“, sagt der Junge. Angefangen hat alles auf einem Bolzplatz in Nörtenhardenberg bei Göttingen. „Da haben wir mit allen Freunden rumgekickt.“Schließlich trat die Truppe geschlossen in den Einbeker Fußballverein ein. Simon hätte auch einen guten Tennispieler abgegeben. Bevor er im Fußball Karriere machte, war er Kreismeister und Bezirksmeister auf dem Tennisplatz. An den deutschen Meisterschaften hat er auch teilgenommen. „In unserer Familie spielt Sport eine wichtige Rolle. Mein Vater spielt Basketball und meine Mutter war in einer Handballmannschaft in der ersten Bundesliga.“

In Einbek entwickelte sich Simon schnell und stetig. Mit 12 spielt er in der Kreisauswahl, es folgen rasch Bezirks- und Landesauswahl. Seinen ersten Auftritt im Dress der Nationalmannschaft hat er mit 14. Seine Teilnahme am nächsten Spiel der U17 in Ägypten ist so gut wie sicher. Aber von wegen Schweiß und Schlaucherei: „Ich bin in Einbek eher trainingsfaul gewesen. Zweimal die Woche haben wir trainiert, mehr nicht“, sagt Simon. Das kann er sich in Bremen nicht erlauben. Hier wird viermal die Woche trainiert, hinzukommen die Spiele und die Lehrgänge für die Nationalmannschaft. „Das geht manchmal echt auf die Knochen. Auf der anderen Seite kommen wir aber auch viel rum.“Ganz zu schweigen von dem Gefühl, wenn die Mannschaft Erfolg hat. Bei der diesjährigen Europameisterschaft wurde Simon mit der deutschen Mannschaft dritter. „Das war irre. Das kann sich ruhig wiederholen.“

Thomas Schaaf und Wolf Werner haben Simon entdeckt: „Wir haben Simon auf einem Lehrgang gesehen und wußten, daß er charakterlich in unser Team paß“, sagt Wolf Werner. Simon wurde Einbek abgekauft. Das ist auch im Jugendfußball üblich. „Es sind auch schon andere Vereine an mich herangetreten“, meint Simon. Zwar muß Werder immer mit Abwerbeversuchen seiner Spieler rechnen. Aber der Trainer ist sicher, daß Simon erstmal in Bremen bleibt.

Seit elf Monaten wohnt Simon in der Hansestadt. Gerade hat er an der Schule in der Schaumburger Straße seinen Realschulabschluß gemacht. „Mit 65 Fehltagen noch einen 3,4 Notendurchschnitt“, meint er nicht ohne Stolz. Jetzt läßt er sich in der Werder-Geschäftsstelle zum Bürokaufmann ausbilden. „Wir kümmern uns um eine gute fundierte Ausbildung, ein geregeltes Privatleben und um die sportliche Leistung“, sagt Nachwuchstrainer Thomas Schaaf. Eine Freundin hat Simon zur Zeit nicht. Rauchen ist verpönt. Alkohol gibts nur – wenn überhaupt – wenn ein Erfolg gefeiert wird. Sonst bleibt nicht viel Zeit. „Ich geh gern mit Kumpels aus der Mannschaft ins Kino.“Schachspielen ist neben Fußball auch noch eine Leidenschaft. Allzu gefährliche Sportarten sind für Simon tabu.

Leider verläßt Simons engster Freund Werder Bremen in Richtung Schweiz. Er hat dort einen Vertrag von einer Topmannschaft erhalten. Simon findet Real Madrid nicht schlecht. Der Trainer runzelt mißbilligend die Stirn. schuh