Sind Sie glücklich?
: „Auf Reisen lebe ich so richtig auf“

■ 11 Uhr, Wittenbergplatz. Glück findet die Studentin Sandra Zank auf Reisen. „Glück ist für mich persönliche Freiheit, eine eigene Wohnung und Freunde“

„Sind Sie glücklich?“ will die taz wissen und hört sich jeweils um 11 Uhr abwechselnd auf dem Alexanderplatz und dem Wittenbergplatz um.

Die 25jährige Sandra Zank: Hm, also im Moment bin ich nicht so ganz glücklich. Es ist eher mittelmäßig. Nee, also bei dem Wetter sowieso nicht. Dann habe ich auch an der Uni Streß. Ich studiere Biologie und Englisch. Seit zweieinhalb Jahren arbeite ich sechzehn Stunden pro Woche hier am Kiosk. Ich finde es ganz gut, daß man sich nicht nur aufs Studium konzentriert. Es ist ja meine freie Entscheidung. Normalerweise werde ich von meinen Eltern unterstützt.

Jetzt kann ich mir Dinge leisten, die ich mir früher nie hätte denken können. Ich reise ziemlich gerne. Da lebe ich so richtig auf. Die letzte tolle Reise war im Februar und März nach Neuseeland. Dann war ich ein Jahr in England, da war ich auch glücklich. Also, Glück heißt für mich persönliche Freiheit, daß ich eine eigene Wohnung und viele Freunde habe, daß ich viel reisen und lesen kann, was ich will.

Ich komme aus der DDR. Seit der Wende bin ich mehr oder weniger glücklich. Ich und meine Eltern waren zu DDR-Zeiten nicht glücklich. Wenn man persönliche Freiheit als oberstes Gebot besetzt hat, war man keinesfalls glücklich. Wer nur materielle Dinge gesehen hat, war vielleicht schon glücklich, wenn er eine Banane erstanden hat. Als die Mauer fiel, habe ich gerade Abi gemacht. Das war echt ein tolles Gefühl. Ich war an einer ziemlich sozialistischen Erweiterten Oberschule, in die ich mit einem Gefühl: „Ihr könnt mich alle mal“, hingegangen bin. Freunde waren mir schon damals wichtig. Einige Freundschaften sind auseinandergegangen, aber nicht wegen der Wende, sondern einfach, weil man sich weiterentwickelt hat.

So richtig unglücklich war ich teilweise zu Teeny-Zeiten, wenn ich Liebeskummer hatte. Einen Freund habe ich zur Zeit nicht. Aber es geht auch alleine. Er müßte witzig, intelligent, natürlich und abenteuerlustig sein. Er sollte viel Interesse für australische und neuseeländische Kultur und für Literatur und Politik haben. Heute wäre ich schon zufrieden, wenn die Sonne noch rauskommen würde oder ein paar Freunde anrufen. Barbara Bollwahn

Heute stehen wir auf dem Alexanderplatz