Zum Beispiel tausend Mark für jeden, ob reich oder arm

■ Ivo Gönner, Oberbürgermeister von Ulm, will mehr Selbstverantwortung der BürgerInnen und Mäzenatentum

taz: Ulm baut Bibliotheken, Kunsthäuser, Bäder, andere Städte schließen ihre Einrichtungen. Was machen Sie anders als andere?

Ivo Gönner: Nichts. Wir denken nur nach. Wir suchen private Investoren und fordern die Bürger auf, ihre Sachen selbstverantwortlich in die Hand zu nehmen. Das hat bei uns Tradition, ist aber überall möglich. Die Stadt sind alle, die darin leben. Jeder muß sich fragen: Was kann ich selbst tun? Und wir haben doch noch immer Leute, die vermögend sind. Wenn die sehen, daß ihr Geld gut angelegt ist, geben die auch für die Allgemeinheit.

Schleicht sich der Staat da nicht aus der Verantwortung?

In Amerika funktioniert das seit langem. Und auch bei uns wird das Mäzenatentum ein Grundpfeiler des nächsten Jahrhunderts werden. Die sozialen Sicherungssysteme verändern sich, und wir brauchen neue gesellschaftliche Ideen und Formen. Die werden in den Städten geboren, in den Ballungszentren, dort, wo die Probleme am größten sind. Auf Bund und Länder ist kein Verlaß mehr, und darum jammern wir nicht, sondern entwickeln selbst neue Modelle.

Jedem Bürger, egal ob arm oder reich, tausend Mark in die Hand drücken. Das klingt doch irgendwie irre?

Das ist nur eine Idee, da muß man weiterdenken. Tausend Mark für jeden wäre sozial gerechter, als Leistungen nur auf Antrag zu gewähren, und für den Staat viel billiger dazu. Interview: Philipp Maußhardt