Kenias „Moibutu“ kündigt Reformen an

■ Nach Protesten der Opposition soll jetzt die Verfassung überarbeitet werden

Nairobi (taz) – „Wir haben es geschafft!“ strahlt ein kenianischer Geschäftsmann. Er steht der Oppositionspartei FORD-Kenya nahe. „Die Regierung geht auf alle unsere Forderungen ein!“ Nach wochenlangen Protesten hat die kenianische Regierungspartei KANU signalisiert, daß sie zu Verfassungsreformen bereit ist. Außerdem soll die Aufhebung oder Änderung von Gesetzen ermöglicht werden, die Vertreter der Opposition als repressiv ansehen. Dies gilt als Voraussetzung für die Abhaltung freier Wahlen. Mit ihrem Einlenken hat die kenianische Regierung der Opposition den Wind aus den Segeln genommen.

Kurz zuvor nämlich hatte die Dachorganisation der kenianischen Opposition, National Convention Executive Council (NCEC), eine Pressekonferenz abgehalten, auf der sie ihre Forderung „Keine Reform – keine Wahlen“ betonte und einen Fahrplan für ihr weiteres Vorgehen bekanntgab: Die Opposition wolle ihren Druck auf die Regierung aufrechterhalten und gleichzeitig testen, ob es KANU ernst damit ist, daß Massenveranstaltungen künftig bewilligt werden. Dies war die erste Geste des guten Willens seitens der Regierung.

Der Test war eine Beerdigung in Nairobi von zwei Opfern der Ausschreitungen vom 7. Juli. Rund 500 Männer und Frauen gaben den Toten ihr letztes Geleit. Die Polizei erschien nicht, der Gottesdienst verlief friedlich und glich eher einer politischen Veranstaltung als einem Begräbnis. Der bekannte Oppositionspolitiker Paul Muite rief Präsident Daniel arap Moi dazu auf abzutreten: „Moibutu soll gehen.“ Andere mahnten die Menge, den Kampf nicht aufzugeben.

Das Einlenken der Regierung hat nicht nur Freude ausgelöst, sondern auch Skepsis. Auch wenn der von der Opposition geforderte Reformprozeß noch vor den Wahlen Ende des Jahres beginnt, ist fraglich, ob das Parlament in dieser kurzen Zeit konkrete Änderungen beschließen kann. Ein Oppositionspolitiker sagt: „Wir haben aus Erfahrung gelernt, daß politische Diskurse, Kommissionen und Arbeitsgruppen keinen wirklichen politischen Wandel bringen.“

Die Frage ist jetzt, wer aus Oppositionskreisen mit Moi verhandeln wird. Reformkreise äußern die Befürchtung, daß Moi sich seine Partner für die nun folgenden Gespräche selbst aussucht und dabei die NCEC umgeht, um die Reformbewegung erneut zu spalten.

Ein möglicher Grund für das Nachgeben der Regierung könnte sein, daß die Unruhen bereits wirtschaftliche Folgen haben. Ausländische Investoren scheinen wegen der politischen Instabilität ihre Gelder abgezogen zu haben, was einen Kurssturz des Kenya Shilling bewirkte, der, so munkelt man, vor allem einigen einflußreichen Männern im Land bereits hohe Verluste eingetragen hat.

Als weiteres Zeichen für den internationalen Druck, unter dem die Regierung steht, ist, daß Kenia am Freitag – nach einem Besuch des ruandischen Vizepräsidenten und Verteidigungsministers Paul Kagame – sieben Ruander an das Internationale Ruanda-Tribunal ausgeliefert hat. Einer von ihnen ist Jean Kambanda, Premierminister der ruandischen Interimsregierung, unter der 1994 der Völkermord an rund 500.000 Tutsi und oppositionellen Hutu verübt wurde. Andrea König