Nonnen halten Wache für Flüchtling

Niedersächsische Behörden wollen 33jährigen russischen Deserteur aus der Ukraine erst abschieben, wenn sich alles beruhigt hat. Seine Familie lebt weiter im Kirchenasyl  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Die Bendiktinerinnen der Abtei in Dinklage haben erneut gegen die drohende Abschiebung des 33jährigen Flüchtlings aus der Ukraine protestiert, den die niedersächsische Polizei am Donnerstag aus dem Kirchenasyl heraus verhaftet hatte. (s. taz v. 19.7.)

Vor dem Gefängnis in Vechta, in dem der Flüchtling seit dem Bruch des Kirchenasyls durch die Polizei in Abschiebehaft sitzt, hielten in der Nacht zum Sonntag vierzig Nonnen mit Kerzen, Gebeten und frommen Liedern Wache. Unterstützt wurden sie von etwa ebenso vielen Bürgern aus der Umgebung, die sich ebenfalls für einen humanen Umgang der Behörden mit der Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine einsetzten, die durch den erstmaligen Bruch eines Kirchenasyls in Niedersachsen getrennt worden war. Protestiert haben auch die „Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche“ sowie der Niedersächsische Flüchtlingsrat.

Das niedersächsische Innenministerium hat inzwischen die ursprünglich für den heutigen Montag geplante Abschiebung des Familienvaters verschoben. Um die Situation zu beruhigen, solle die Abschiebung jetzt erst im Laufe der Woche stattfinden, sagte ein Ministeriumssprecher gestern in Hannover. Längerfristig ausgesetzt sei sie jedoch nicht.

Die Ehefrau und die fünfjährige Tochter des Flüchtlings befinden sich zur Zeit weiter in Kirchenasyl in einem Nebengebäude des Benediktinerinnenklosters in Dinklage.

Die niedersächsische Polizei war am Donnerstag in die dem Kloster angegliederte Bildungsstätte eingedrungen und hatte zunächst die ganze Flüchtlingsfamilie verhaftet. Durch die Blockade eines Polizeifahrzeugs erreichten die Ordensfrauen, daß zumindest die Ehefrau und die Tochter des Deserteur-Flüchtlings nicht inhaftiert wurden.

Die Benediktinerinnen wollen weiter eine gemeinsame Ausreise der dreiköpfigen Familie nach Kanada oder ein anderes sichers Land organisieren. Dafür benötigen sie allerdings noch Vorbereitungszeit. Die Ordensfrauen haben deshalb jetzt eine Petition an den niedersächsischen Landtag aufgesetzt.

Der Flüchtling aus der Ukraine ist russischer Volkszugehörigkeit, hatte auf der Krim als Unteroffizier bei der Schwarzmeerflotte gedient und sich dort an Soldatenprotesten im Zusammenhang mit der Aufteilung der Flotte beteiligt. Nach Angaben der Ordensfrauen aus Dinklage war der Unteroffizier vor seiner Desertion aus dem russischen Militärdienst verhaftet worden. Seine Frau soll vergewaltigt worden sein. Nach der Abschiebung in die Ukrainie würde dem Flüchtling die Auslieferung an Rußland und dort eine langjährige Haftstrafe wegen Desertion drohen.

Ein Asylantrag der Familie wurde im vergangenen Jahr als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt. Dagegen läuft eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Hildesheim, die allerdings keine aufschiebende Wirkung hat.