„Es wird hier nichts subventioniert“

■ Stadthalle trägt mit 500.000 Mark zu „Shakespeare“-Musical bei und hält das für ein faires Geschäft

Den Satz „etwas besseres als den Tod finden wir allemal“legten die Gebrüder Grimm den Bremer Stadtmusikanten einst in den Mund. Bekanntlich kamen die berühmtesten Bremen-Werbeträger nie in der Hansestadt an. Für andere Todgeweihte oder zumindest künstlerisch und finanziell Siechende hat Bremen indes eine ungebrochene Anziehungskraft. Kein Wunder: Denn dem häufig zitierten Image einer offenen und liberalen Stadt wird für Auswärtige wie für die Veranstalter des Musicals „Shakespeare & Rock'n'Roll“mit klingender Münze Substanz verliehen.

Mit Leistungen im Wert von rund 500.000 Mark beteiligt sich die unter dem Dach der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft (HVG) firmierende Stadthalle am sommerlichen Bremen-Gastspiel des Berliner Dauerflops, der ohne den Abstecher an die Weser höchstwahrscheinlich hätte eingemottet werden müssen. Trotzdem sprechen die Bremer Co-Veranstalter von einem fairen Handel.

„Es wird nichts subventioniert“, beteuert der HVG-Sprecher Torsten Haar auf Anfrage und wehrt entsprechende Vorwürfe, wie sie das Anzeigenblatt Weser Report am Wochenende indirekt erhoben hatte, ab.

Mit dem Scorpions-Auftritt in Bremerhaven oder dem Justus-Frantz-Gastspiel auf der Galopprennbahn im Sommer letzten Jahres habe das nichts zu tun – „das ist ein ganz normales Geschäft“. Genauso normal wie die Verlängerung des Gastspiels, die – nach einer Pause – am 30. Juli beginnt und nach Haars Angaben von vornherein geplant war. Das Marketing-Stichwort: Roncalli-Effekt – „wer von Anfang weiß, das Stück läuft noch sechs Wochen, verschiebt den Besuch“.

Das Wort „normal“ist indes im Veranstaltungsgeschäft relativ. Die Miete und die Kosten für Werbung, Abendpersonal oder Strom trägt die Stadthalle zur Veranstaltung bei. „Abgerechnet wird am Schluß“, zitiert Haar den kaufmännischen Allgemeinplatz und beschwört, daß der Beitrag der städtischen Gesellschaft bei gleichbleibender Auslastung wieder eingespielt sein wird. „Natürlich hätten wir gern mehr Zuschauer“– auf ein Platzangebot von rund 40.000 kamen nach Haars Angaben in den vergangenen fünf Wochen rund 15.000 zahlende BesucherInnen.

„Uns hätten auch die über den Sommer geholfen“, sagt Heiner Hellmann, der die Geschäfte des Pier 2 in Gröpelingen führt. Das Pier 2 hatte vor der Stadthalle Interesse an „Shakespeare & Rock'n'Roll“bekundet. „Aber bei dem, was die Stadthalle ausgehandelt hat, konnten wir nicht mitbieten.“Die mit viel Mut zum Flachsinn vorgetragene Revue als Hit im Pier 2? „Das hätte gepaßt“, glaubt Hellmann unverdrossen.

Doch möglicherweise ist dem Pier 2 nicht nur ein sommerliches En-Suite-Stück, sondern auch einiger Ärger entgangen. Denn der Abschied von der freien Volksbühne in Berlin, wo das Musical viereinhalb Jahre lang zu sehen war, verlief Ende Mai alles andere als freundschaftlich: „Die haben die Garderoben wie Sau hinterlassen“, schimpft der Volksbühnengeschäftsführer Bernd Szittnick.

Die Kosten für nötige Reparaturen und ausstehende Mietforderungen an die Betreibergesellschaft Lighthouse GmbH beziffert er mit 300.000 Mark in diesem Jahr. Aus den Vorjahren sind noch 550.000 Mark offen. Für die Altforderungen habe er die Tonanlage behalten – „als Faustfand“. Die Forderungen aus diesem Jahr wird die Volksbühne wohl abschreiben müssen. Szittnicks Fazit: „Ich glaube nicht, daß das Musical aus Bremen noch rauskommt.“Zumindest aus einem festen Haus für „Shakespeare & Rock'n'Roll“scheint nichts zu werden. In der Stadt Mannheim, die dafür im Gespräch war, sind die Pläne nach Angaben des dortigen Presseamtes vom Tisch.

Anders in Bremen. Auf die Frage, warum die HVG das Musical trotz des schlechten Images und einem ganzen Pressespiegel von Verrissen nach Bremen geholt hat, antwortet Torsten Haar: „Wir glauben an das Produkt.“

Doch eine direkte Parallele zum geplanten Jekyll-&Hyde-Musical, für das „Shakespeare & Rock'n'Roll“das Übungsfeld sei, will niemand mehr ziehen. ck