Koranschulen dicht

■ Türkische Regierung einigt sich auf Schulgesetz nach Gusto der Generäle

Ankara (AP) – Die Regierungskoalition des türkischen Ministerpräsidenten Mesut Yilmaz hat sich auf ein neues Schulgesetz geeinigt, mit dem der Einfluß der Koranschulen zurückgedrängt werden soll. Nach einer mehrstündigen Kabinettssitzung teilte Yilmaz gestern mit, in dem Gesetz würden unter anderem die Dauer der Pflicht zum Besuch staatlicher Schulen von fünf auf acht Jahre heraufgesetzt. Wenn das Gesetz in Kraft tritt, müssen infolgedessen die unteren Klassen der Koranschulen ab kommendem Herbst geschlossen werden.

Ein solches Gesetz war bereits seit Anfang des Jahres vom türkischen Militär gefordert, von der früheren islamistisch geführten Regierung von Necmettin Erbakan allerdings immer wieder verzögert worden. Diese Weigerung Erbakans, den Forderungen der Armee Folge zu leisten, hatten maßgeblich zu dessen erzwungenem Rücktritt am 18. Juni beigetragen. „Dieses Gesetz wird uns helfen, den Weg zu einer fortschrittlichen Türkei weiterzugehen, wie er von (Republikgründer Mustafa Kemal) Atatürk vorgezeichnet wurde“, erklärte gestern Erziehungsminister Hikmet Ulugbay.

Beobachter in Ankara nehmen an, daß Erbakans Nachfolger Yilmaz das Gesetz noch vor seinem ersten Auftritt im Nationalen Sicherheitsrat am Freitag unter Dach und Fach bringen möchte. Deshalb sollte der Entwurf noch gestern abend dem Parlament vorgelegt werden.

Beobachter erwarteten eine stürmische Debatte. Erbakans Wohlfahrtspartei (RP) hatte Widerstand angekündigt. Die Koalition aus Anap, Demokratischer Linkspartei (DSP) und Demokratischer Türkei-Partei (DTP) verfügt in der 550 Sitze umfassenden Nationalversammlung über 216 Sitze, kann jedoch mit der Unterstützung der 49 Abgeordneten der Republikanischen Volkspartei (CHP) sowie einem Dutzend Parteilosen rechnen.

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