Koalitionäres Sommertheater um Schuld oder Unschuld

■ Personalbehörde will Disziplinarverfahren gegen Staatsrat Hoffmann / Scherf: CDU-Politiker manipulieren um Disziplinarverfahren gegen Staatsrat Hoffmann zu erreichen

Bremens Große Koalition geht mit einem veritablen Krach in die Sommerpause. Der Anlaß für den Zwist schwelt allerdings schon länger: Es geht wieder einmal um die Frage, ob Reinhard Hoffmann, als Chef der Senatskanzlei Vertrauter von Senatspräsident Henning Scherf (SPD), in seiner Zeit als Staatsrat im Bildungsressort Schuld war an den mehrfach festgestellten Verstößen gegen das Haushaltsrecht.

Scherf wirft der von Bürgermeister Ulrich Nölle (CDU) geführten Senatskommission für das Personalwesen (SKP) vor, gegen den Rat der eigenen Fachjuristen aus politischen Gründen ein Disziplinarverfahren gegen Hoffmann zu befürworten. Ein entgegengesetztes Votum der Beamten sei von der Behördenspitze unterschlagen worden. Mit Nölle persönlich will Scherf aber keinen Streit haben, folglich richten sich seine Vorwürfe gegen Nölles Staatsrat Johannes Beermann und auch Innensenator Ralf Borttscheller (CDU).

Es geht um Vorwürfe aus den Jahren 1994 und 1995. Der Rechnungshof und auch der Rechnungsprüfungsausschuß der Bürgerschaft hatten moniert, daß Hoffmann sein Budget für die Reparaturen von Schulbauten um 15 Millionen Mark überzogen hatte. Die Rechtswidrigkeit dieses Tuns räumt Scherf ein. Hoffmann träfe aber keine Schuld. Das Verschieben von Haushaltsmitteln sei üblich. Die CDU hatte wiederholt den Rücktritt Hoffmanns gefordert.

Bei der Sitzung des Plenums der SKP hatten sich Scherf und die CDU-Vertreter in diesem höchsten SKP-Gremium (Nölle, Borttscheller und Beermann) heftige Wortwechsel geliefert. Scherf weigerte sich, aufgrund der Vorlage der SKP, und verlangte, die Behörde solle die gesamte Akte herausgeben. So kam die vom Koalitionsausschuß gewünschte Einigung auf einen unabhängigen Gutachter nicht zustande. Dieser Neutrale soll die Frage „Disziplinarverfahren Ja oder Nein“klären.

Als Buhmann identifizierte Scherf Nölles Staatsrat Beermann. Der habe eigenmächtig und offenbar ohne Wissen seines Vorgesetzten Nölle einen Entwurf vorgelegt, der ein Disziplinarverfahren gegen Hoffmann befürwortet. Beermann hat handschriftlich einen Satz seiner Beamten ergänzt. Der zuständige Referent hatte zunächst den vom Rechnungshof bereits breit dargestellten Tatbestand zusammengefaßt. Dieser, schrieb der Referent sodann, „indiziert die Rechtswidrigkeit und die Schuld“, fügte Beermann dann hinzu. Beermann wollte sich zu diesen Vorgängen nicht äußern.

Aus der SKP war jedoch zu hören, daß man dort sehr wohl ein Disziplinarverfahren für sachlich geboten hält, wenn es auch nicht sicher sei, daß solche Ermittlungen ein Verschulden Hoffmanns nachweisen würden. Um die Koalition nicht zu belasten, habe man aber ebenso den Vorschlag unterbreitet, auf das Disziplinarverfahren zu verzichten. Diesen zweiten Entwurf wollte jedoch Staatsrat Beermann nicht vorlegen.

So schleppt sich der Zank um die Staatsräte Hoffmann und Beermann in die Sommerpause. Scherf jedenfalls will erst die Rückkehr seines Partners Nölle aus dem Urlaub abwarten und dann versuchen, sich doch noch auf einen neutralen Gutachter für das weitere Verfahren zu einigen. „Mit Borttscheller und Beermann verständige ich mich nicht“, so Scherf. Falls Nölle sich nicht gegen seinen Kollegen und den Untergebenen Beermann durchsetze, müsse der Koalitionsausschuß angerufen werden. jof