■ Kein Geld mehr aus dem Westen für die bosnischen Serben
: Zweierlei Maß

Geben ist bekanntlich seliger denn Nehmen. Nur: Zuwendungen sind nun mal nicht umsonst zu haben, sondern an Gegenleistungen geknüpft. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches und daher auch nicht zu kritisieren. Die Begründung für den Beschluß der Bosnien-Geberkonferenz, die bosnische Serbenrepublik bis auf weiteres von der internationalen Wiederaufbauhilfe auszuschließen, wirft allerdings doch einige Fragen auf.

Die Serben weigern sich, mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenzuarbeiten. Das sei ein Verstoß gegen das Abkommen von Dayton, so der einhellige Duktus der westlichen Staaten. Diese Feststellung ist zweifellos richtig. Richtig ist aber auch, daß sich beispielsweise Kroatien unlängst weigerte, im Falle eines mutmaßlichen Kriegsverbrechers Den Haag die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Diese Weigerung entschuldigt zwar nicht die mangelnde Kooperationsbereitschaft der bosnischen Serben. Sie macht aber deutlich, daß Versuche, die Arbeit des Den Haager Tribunals zu erschweren, nicht nur ein Problem von Pale, sondern ein grundsätzliches sind.

Auch die westliche Staatengemeinschaft ist davon nicht ausgenommen. Denn was war die SFOR-Aktion gegen zwei mutmaßliche Kriegsverbrecher in Prijedor anderes als das Resultat politischer Opportunitätserwägungen und des Kräftemessens der beteiligten Mächte? Und das auf der Grundlage eines Mandats, das, wie dieses Beispiel gezeigt hat, jederzeit nach Belieben ausgelegt werden kann.

Die Beschlüsse von Brüssel könnten aber noch ganz andere unerfreuliche Konsequenzen haben. Mit der Präsidentin der Serbenrepublik, Biljana Plavšić, versucht sich erstmals eine Politikerin durchzusetzen, die wiederholt ihre Bereitschaft zum Kompromiß und zur Zusammenarbeit mit dem Westen signalisiert hat. Gerade jetzt, da die Front aufgebrochen ist und sich der Machtkampf zwischen Plavšić und Karadžić zuspitzt, müßte Plavšić vor allem von westlicher Seite der Rücken gestärkt werden.

Die generelle Stigmatisierung der Serbenrepublik, die nun mit dem Brüsseler Beschluß fortgesetzt wird, bewirkt aber genau das Gegenteil und spielt so den Ultranationalisten in die Hände. Und da laufen auch die vollmundigen Beteuerungen des amerikanischen UNO-Botschafters Bill Richardson, Plavšić unterstützen zu wollen, ins Leere. Barbara Oertel