Kleingarten 2000

Eine Politikveranstaltung der anderen Art: „Wer Kleingärtner quält, wird abgewählt“  ■ Von Judith Weber

Von der Menschenwürde des Kleingärtners halten PolitikerInnen nicht viel. „Für die SPD sind wir doch nur Baulandreserve“, schimpft Hans-Joachim Hauck, Vorstandsberater des Interessenverbandes der Kleingärtner Hamburg. Wo „ganze Kolonien plattgemacht“werden, wo dauerhaftes Wohnen verboten ist, da behandele die Regierung ihre Gartenfreunde „fast schlechter als Strafgefangene“. Denn wer im Gefängnis sitzt, hat wenigstens Toiletten. Wer dagegen im Garten sitzt, hat meist nur einen Eimer und eine Klärgrube.

Menschenunwürdig sei das, findet der Interessenverband. Er meint: So darf sie nicht aussehen, die Zukunft seiner 265 kleingärtnernden Mitglieder. Am Donnerstag abend meldete der Verein daher öffentlich Gesprächsbedarf an. Etwa 50 Gartenbesitzer kamen, um unter dem Motto „Kleingarten 2000“mit CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust zu diskutieren. Ihr Wahlspruch: „Wer Kleingärtner quält, wird abgewählt.“

Jawoll, Abwählen, frohlockte da das Christdemokratenherz. Bürgermeister Voscherau aus der Regierung, die Kleingärtner in ihre Hütten. Damit wäre auch die Wohnungsnot gelindert, strahlte der Blonde mit den hochgekrempelten Hemdsärmeln. „Hunderte, wenn nicht gar tausende“Wohnungen würden frei, wenn dauerhaftes Leben auf der Parzelle erlaubt wäre. Natürlich, schränkte von Beust ein, müsse sich keiner der 36.000 Hamburger Kleingärtner zwischen Laube und Appartment entscheiden. „Ein jeder soll nach seiner Façon glücklich werden.“

Die anwesenden Parzellenbesitzer waren entzückt. Schließlich hat das Kleingärtnern in vielen Familien Tradition, waren bereits die Eltern Gartenfans. „Mein Vater hat die Familie nur so über Wasser gehalten“, rief Verbandsmitglied Olaf Boysen. „Besonders mit diesen Stangenbohnen!“Das war, als Gartenbesitzer noch pflanzten, anstatt sich mit Gesetzen herumzuschlagen.

Heute ist freilich alles anders. „Der gesetzlich verankerte Erholungsauftrag muß neben dem Anbau von Obst und Gemüse zeitgemäß möglich sein“, formuliert der Verein. Und: „Der Kleingarten der Zukunft muß sich weiterhin vom Wochenendhausbereich abgrenzen“. Da werde man wohl noch fragen dürfen, erklärt Gartenbewohner Hans-Joachim Hauck, welche Partei sich für diese Ziele einsetze. Denn in einem ist sich der Interessenverband sicher: „Wir sind keine Menschen zweiter Klasse.“