Der ultimative Tischstaubsauger

Die Frau, mit der ich lebe, zeigt seit einigen Tagen wieder diese besorgniserregenden Anzeichen. Ihr Blick schweift durch die Wohnung und sucht – und ich meine „sucht“– die paar Quadratzentimeter auf Regalen und Kommoden, wo sich noch unterbringen ließe, was „wir doch schon immer mal haben wollten“. Zwei Kochschürzen etwa, die seit vorletztem Winter – wir wollten eigentlich bei IKEA eine Vitrine kaufen – an einem eigens in Herdnähe angebrachten Nagel vergilben. Oder der Elektro-Wok, dem vor Zeiten der geplante Erwerb einer modischen Karotten-Jeans zum Opfer fiel. Zugegeben, für 89,95 „kann man eigentlich nicht meckern“, nur daß dieses kommunikative Küchenutensil in der ersten Hitze die Neigung zeigte, sich seiner Beschichtung zu begeben und jetzt ein eher abgeschiedenes Da-sein weit hinten auf dem Küchenschrank führt.

Nicht, daß ich dem Nützlichen an sich abhold bin. Es ist nur so, daß die Frau, mit der ich lebe, in ihrem Bekanntenkreis mitunter Einflüsterungen ausgesetzt ist, die ihr Urteilsvermögen in unguter Weise beeinflussen. „Geh doch mal bei X. vorbei“, singen diese Sirenen dann, „da hab ich gerade dieses tolles Seidenhemd geschossen.“Und so gehen wir dann, und die Frau, mit der ich lebe, hat mir auch abgewöhnt zu sagen, daß wir „ein Schnäppchen“machen wollen, damit niemand merkt, daß ich aus der Provinz komme. Ich spreche jetzt von „Ockasion“, wenn ich Andreas Elsholtz' autobiographische Remittende „Mein aufregendes Leben“für 2,95 von der Büchergrabbel im Kaufhof nach Hause trage. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, mich unserem Tischstaubsauger für 39,95 zu verweigern, aber er erfüllt alle Kriterien jenes apodiktischen „kann man immer mal brauchen“. Ich habe gelernt, dem nicht zu widersprechen, und da sie feste Bürozeiten hat, verwandte ich eben eine halbe Stunde freiberuflicher Arbeitskraft darauf, eine Konstruktion einzuwerben, deren Saugkraft den Atemwegen meines bronchitischen Onkels entspricht.

Manchmal sehe allerdings auch ich Gelegenheiten, die man nicht ungenutzt vorübergehen lassen darf. Gestern wollte ich der Frau, mit der ich lebe, mit einem TOOM-BH für 9,95 ein feierabendliches Wilkommen bereiten. Ich hatte sie nicht so humorlos in Erinnerung.

Heinz-Günter Hollein