Zum Strafvollzug in die Heimat

Bundesverfassungsgericht verbessert Rechtsschutz für Gefangene, die ihre Strafe im Heimatland absitzen wollen: Darüber entscheiden künftig Gerichte, nicht Staatsanwaltschaften  ■ Aus Karlsruhe Christian Rath

Karlsruhe (taz) – Ausländer, die lieber in ihrem Heimatland im Knast sitzen wollen, bekommen mehr Rechte. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht und gab damit einer Beschwerde von zwei Türken statt. Diese hatten erfolglos beantragt, ihre Reststrafe in türkischen Gefängnissen absitzen zu wollen. Die Karlsruher Verfassungsrichter entschieden nun, daß solche Entscheidungen gerichtlich überprüfbar sein müssen.

Viele Ausländer möchten ihre Haftstrafe lieber in ihrem Heimatland verbüßen. Vor allem wenn sie in Deutschland keine Angehörigen haben und sich weder mit dem Gefängnispersonal noch mit den Mitgefangenen unterhalten können. Auch die Bundesrepublik ist grundsätzlich an einer Überstellung ins Heimatland interessiert. Denn so werden überbelegte Knäste entlastet und Kosten gespart.

Möglich ist die Überstellung bereits in über 30 Staaten – von den Bahamas bis Zypern –, die das entsprechende „Transferabkommen“ bisher unterzeichnet haben. Hin und wieder werden solche Wünsche der Strafgefangenen aber auch abgelehnt. Vor allem dann, wenn diese im Heimatland zu früh entlassen würden.

Im gestern entschiedenen Fall ging es um zwei türkische Drogendealer, die zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Diese hatten darauf spekuliert, daß sie in der Türkei schon nach der Hälfte der Haftzeit entlassen werden.

Der Wunsch der Gefangenen war deshalb von der Staatsanwaltschaft abgelehnt worden. Eine gerichtliche Kontrolle solcher Entscheidungen war bislang allerdings nicht vorgesehen. Die beiden Türken erhoben daher Verfassungsbeschwerde – mit Erfolg.

Wie der Zweite Senat des Verfassungsgerichts jetzt befand, muß letztlich ein Gericht über den Wunsch der Gefangenen entscheiden. Immerhin gehe es auch um deren Resozialisierungschancen.

Große Bedeutung hat der Vollzug im Heimatland bisher nicht. Nur die wenigsten ausländischen Gefangenen äußern entsprechende Wünsche. Im Vergleich zu anderen Staaten scheinen deutsche Gefängnisse noch relativ erträglich zu sein. Und die deutschen Behörden scheuen das aufwendige diplomatische Verfahren, das einer Überstellung vorangeht.

Üblicherweise werden die Gefangenen nach der Hälfte (bei Drogendelikten: zwei Dritteln) ihrer Strafe ins Heimatland abgeschoben (siehe taz v. 25. Juli 1997). Die Reststrafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Wer zu früh nach Deutschland wiederkommt, wandert deshalb sofort zurück in den Knast. (Az.: 2BvR 483/95 und 2990/95)