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Der fünfzackige Stern des Anstoßes

■ Der „Stern“will dem Musical „Pico“beim Patentamt das Logo streitig machen

Wieviel Sternlein am blauen Himmelszelt stehen, weiß niemand so genau. Auf Erden jedenfalls, glaubt man der gleichnamigen deutschen Illustrierten, stehen zu viele. Und um wieder Ordnung in die astronomische Wirrnis zu bekommen, hat sich der Hamburger Gruner+Jahr Verlag (G+J) vergangene Woche an das deutsche Patentamt gewandt.

Stern des Anstoßes ist das Logo des Musicals Pico, das seit April dieses Jahres mit mäßigem Erfolg im Delphi Musik-Theater aufgeführt wird. Nun handelt dieses Musical, wie uns der Untertitel Das Star-Club Musical eindeutig verrät, vom legendären Hamburger Beatschuppen „Star Club“. „Star“ist englisch und bedeutet soviel wie „Stern“. Als Logo für ihr Musical und die damit einhergehenden Merchandising-Produkte wie CDs, T-Shirts und ähnlich überflüssige Dinge, hat sich die Delphi-Crew vor sechs Monaten einen Stern ausgesucht. Das war, zugegebenermaßen, nicht besonders originell, traf aber doch den Kern der Sache. Und konnte darüber hinaus auf gewisse historische Parallelen verweisen, denn auch jener legendäre Star-Club führte einen Stern im Schriftzug und selbst das vorher am selben Ort ansässige „Stern-Kino“warb mit einer himmelskörperförmigen Leuchtschrift.

Was uns die Astrologie gelehrt hat ist nun, daß Sterne nicht nur hübsche Bilder ergeben, sondern diese auch in regelmäßigen Abständen am Horizont wiederauftauchen. Nicht nur, daß in den ehemaligen „Sternen-Saal“in der Großen Freiheit 39 1949 das Stern-Kino zog, bevor 1962 der Star-Club übernahm; auch der Kampf um die Zacken scheint eine kreislaufende Geschichte. Bereits Anfang der fünziger Jahre machte G+J gegen den sechszackigen Stern des Kinos seine eingetragenen Schutzrechte geltend, woraufhin das kleine Kino sich schlicht einen Zacken aus dem Stern brach und forthin fünfzackig flimmerte. Star-Club und Pico übernahmen die fünf Zacken.

Diese lassen jetzt Rechtsanwalt Frank Dettmann, einer der 110 Himmelstürmer des Verlags, „die Verwässerung der Marke Stern“befürchten. Der Hamburger Kulturszene stehe man bei G+J „sehr offen gegenüber“, so Sprecher Ralph Driever, und deshalb fordert Dettmann das Delphi Theater auch lediglich auf, die Waren aus dem Verkehr zu ziehen, die „unsere Marke schwächen könnten: eben Schallplatten, CDs, Videos, Programmhefte als Druckerzeugnisse und musikalische Aufführungen“. Spitzenklasse. Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich ein Musical ohne das alles vor. Das ist nicht der kleine Krieg der Sterne – das ist das große schwarze Loch.

Christiane Kühl

Fotos: Günter Zint; Logo u. r.: PR

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