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: Aktien versus Renten

Hamburg (taz) – Eben noch hatte der Deutsche Aktienindex Dax einen neuen Rekordstand erreicht, da bröckelten die Kurse schon wieder bedrohlich. Das ist Wasser auf die Mühlen von Jürgen Förterer. Seit langem rät der Vorstandsvorsitzende der genossenschaftlichen R + V Versicherung: Kauft Renten, also festverzinsliche Wertpapiere, statt Aktien!

In den letzten 46 Jahren finden wir immerhin 16 Jahre, in denen die deutschen Aktienkurse ins Minus rutschten, zuletzt 1994. Aber auch langfristig, meint Versicherungsmanager Förterer, hätten Aktien die Renten nicht geschlagen – wie gemeinhin Banker, Anlageberater und Finanzmedien behaupten. Vielmehr hätten „festverzinsliche Wertpapiere seit 1959 eine höhere Rendite erwirtschaftet als Aktien“.

Dem Dogmenbruch folgte die Schelte durch den Professor Richard Stehle. Im Auftrag der Zeitschrift Capital warf er Förterer einen falschen Vergleichszeitraum, einen mangelhaften Börsenindex sowie die Mißachtung des Steuersatzes vor. Der Computer an der Humboldt- Universität zu Berlin kam zum Ergebnis: „Je länger der Anlagehorizont, desto deutlicher ist der Renditevorteil der Aktie.“

Aber auch Stehles Berechnungen sind nicht makellos. Letztlich bilden sowohl Dissident Förterer wie auch Mainstream-Autor Stehle nur einen Teil der Wirklichkeit ab. Solcherlei Berechnungen entbehren nicht der Parteilichkeit. „Letztlich steht die gesamte Investitionskultur auf dem Prüfstand“, bemerkt die Deutsche Bank Research überzeugend. Dem Assekuranz-Mann Förterer könnten die umstrittenen Renditen seiner Kapital-Lebensversicherungen im Kopf herumgespukt haben, andersherum dürften Leser aus Capital eine zielgruppenorientierte Affinität zur Aktie herauslesen.

Entsprechend kommt die Deutsche Bank wiederum zu einem weiteren Ergebnis. Eine „endgültige Aussage“ sei „mit letzter Sicherheit nicht möglich“, operiert die Wertpapierabteilung mit einer Doppelsicherung. Jedenfalls würde „eine einfache Buy-and-Hold-Strategie“, also der Kauf von Wertpapieren, die über Jahrzehnte im Depot ruhen, nicht ausreichen, damit „die Wertentwicklung der Aktien durchgängig diejenige der Renten schlägt“.

Zwei Essentials dürften unumstritten sein. Aktien schlingern in ihrer Wertentwicklung stärker hin und her als Renten, und eine negative Welle kann bei Aktien auch einmal ein Jahrzehnt umfassen. So waren die siebziger Jahre von anhaltender Stagnation geprägt. Aber solche Negativerlebnisse können nicht einfach aus der Vergangenheit für die Zukunft umgeschrieben werden. So bleibt am Ende lediglich eine Gewißheit: Die Zukunft ist ungewiß. Hermannus Pfeiffer