Stadtplanung von unten

Die Spielforscher sind los: Kinder inspizieren die Spielmöglichkeiten von Altona  ■ Von Heike Dierbach

Marc und Marcel kennen sich aus in ihrem Viertel. Aufmerksam studieren die beiden den großen Stadtplan von Altona, den sie auf ihren Knien ausgebreitet haben. Nach kurzem Suchen hat der neunjährige Marc gefunden, was sie suchen: Die alte Fischfabrik an der Otzenstraße. „Kotzenstraße“, berichtigt der zwölfjährige Marcel, „da stinkt's immer ganz doll.“Der passende Aufkleber ist schnell gefunden: Eine Nase mit einer Wäscheklammer markiert fürderhin die Straße auf dem Stadtplan.

Wo gibt es in Altona-Altstadt den besten Döner? Die längste Rutsche? Die gefährlichste Kreuzung? Marcel nimmt es ganz genau mit dem Aufkleben: „Auf diesem Spielplatz hier ist viel Grün, und man kann Skaten, Radfahren und Versteckspielen.“Logisch, daß da vier Aufkleber übereinander geklebt werden.

Marc und Marcel sind im Rahmen des Projekts „Die Spielforscher sind los!“unterwegs, einer Aktion vom Jugendinfozentrum (Jiz) des Jugendamtes, dem Verein SpielTiger und der Anwaltsplanung Grünzug e.V. Neu-Altona. Das Anliegen: „Die Kinder sollen den Stadtteil mit ihren eigenen Augen analysieren“, erläutert Koordinatorin Yvonne Vockerodt vom Jiz. In Zusammenarbeit mit Spielplätzen, Kindergärten, Schulen und der Bücherhalle in Altona-Altstadt sollen bis Ende August an die 1.000 Kinder von acht bis dreizehn Jahren Altona erforschen.

Auf Wunsch werden die Kinder von einem Erwachsenen begleitet, viele ziehen aber auch auf eigene Faust los, zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf Inline-Skates. „Die Kinder wissen genau, was sie wollen“, berichtet Yvonne Vockerodt. Ein altes Auto auf dem Spielplatz beispielsweise wäre klasse oder ein Ententeich im Park.

Was sie in ihrem Stadtteil stört? „Die Schießereien da unten“, meint Marcel spontan und zeigt Richtung Reeperbahn. In Sachen Sicherheit nehmen es die kleinen Experten genau: Sie wissen, welche Klettergeräte gefährlich sind und wo herumliegender Müll den Spaß am Toben verdirbt. „Daß auf ihren Spielplätzen mal Obdachlose übernachten, stört die Kinder aber nicht“, sagt Yvonne Vockerodt.

Die Ergebnisse der jungen ForscherInnen werden in einem „Kinderstadtplan“verarbeitet und sollen im nächsten Jahr als Diskussionsgrundlage für bauliche Veränderungen dienen. Doch neue Spielplätze oder ein Teich im Park kosten Geld. „Endgültige Entscheidungen fallen auf politischer Ebene in der Bezirksversammlung“, meint Kirsten Winkler, die als „Anwaltsplanerin“zwischen Politik und BewohnerInnen vermittelt, „aber ich hoffe auf eine gute Kooperation.“

In anderen Städten Deutschlands hat man mit Kinderstadtplänen bereits gute Erfahrungen gemacht. Läuft die Aktion in Altona-Altstadt gut, sollen in Zukunft auch andere Viertel Hamburgs von ihren kleinen EinwohnerInnen erforscht werden.

Kinder, die noch mitforschen möchten, können dies am 30. Juli ab 14 Uhr im Haus 3, Hospitalstr.107 tun oder sich die Forschungsunterlagen in der Bücherhalle, Norderreihe 5, abholen.