Billiger wohnen in Klemanns Musterhaus

■ Bausenator plant „Bauausstellung 1999“. 100 innovative Eigenheime für weniger als 300.000 Mark sollen entstehen. BDA kritisiert heimliche Auswahl der Architekten und fordert offene Wettbewerbe

Bausenator Jürgen Klemann (CDU) möchte sein baupolitisches Programm, den Eigenheimbau, mit einer großen „internationalen Bauausstellung 1999“ abrunden. Auf fünf Flächen in Weißensee und Pankow sollen rund 100 Häuser entstehen, die Beispiele für „kostengünstiges, qualitätvolles und umweltorientiertes Bauen“ darstellen. Die Entwürfe für den eigentumsbildenden Wohnungsbau, an denen derzeit fünf Architektengruppen arbeiten, sollen nicht mehr als 300.000 Mark pro Wohneinheit kosten. Als Bauherren der Experimentierhäuser sind hauptsächlich private Investoren und Wohnungsbaugesellschaften vorgesehen. Geplant ist, daß Ende 1999 die ersten „Ausstellungsstücke“ beziehbar sein werden.

Die Bauausstellung im Nordosten der Stadt, sagte Petra Reetz, Sprecherin von Klemann, bedeute eine „Herausforderung“ sowohl für die Baupolitik des Landes als auch für die eingeladenen Architekten aus Europa. Es soll gezeigt werden, daß Einfamilienhäuser „gut und günstig, aber ohne billig zu sein“ gebaut werden können. Man erwarte Entwürfe und neue Ideen zum „individuellen Wohnen“, die exemplarischen Charakter haben könnten.

Hintergrund der Aktion ist, den Häuslebauern mit Abwanderungsgedanken ins brandenburgische Umland eine Alternative aufzuzeigen. Zugleich sollen private Bauherren – nach dem Niedergang des öffentlich geförderten Wohnungsbaus – zusätzlich gepuscht werden.

Aufgabe der von einem Beirat ausgewählten rund 25 Architekturbüros – darunter Atelier 5 oder Ben van Berkl – werde sein, neue, innovative Methoden beim flächen- und kostensparenden Bauen zu entwickeln, sagte Barbara Hoidn, Leiterin der „Architekturwerkstatt“ in der Bauverwaltung, die das Projekt betreut. Das Ziel sei, nicht allein die Eigentumsbildung zu fördern – „etwa durch ein Einsteigerhaus“ für junge Familien. Man habe sich vielmehr auf die Flächen am Stadtrand in Buchholz-West, Buch oder Karow konzentriert, da „dort zugleich Architektur und Landschaft thematisiert werden sollen“. Die ersten Ergebnisse, so Hoidn, würden von der Bauverwaltung im Herbst vorgestellt.

Die Grundstücke werden zum Teil vom Land bereitgestellt, zum Teil von den beteiligten Bauunternehmen erworben. Als Träger beteiligen sich Grooth + Graalfs, Dietmar Otremba und die GSW. Der Bund Deutscher Architekten (BDA) in Berlin hat das Unternehmen „Bauaustellung 1999“ kritisiert. So sei die Aktion nicht öffentlich, sondern heimlich als „Nacht- und Nebelaktion“ aus der Taufe gehoben worden. Die Architekten seinen eingeladen und nicht per Wettbewerb ausgewählt worden, erklärte der Berliner BDA-Chef Kay Puhan-Schulz. Er forderte, den Stand der Planung zugänglich zu machen und das Verfahren wie bei der Internationalen Bauausstellung IBA in den 80er Jahren öffentlich durchzuführen. Rolf Lautenschläger