Wenn die Flut im Flur steht

■ Wasserschäden: Allianz erwartet schon jetzt Millionenforderungen von Policenbesitzern

Berlin (taz) – Was passiert, wenn ein Haus durch einen Unglücksfall unter Wasser steht? „Kommt darauf an“, sagt Martin Stüve, Schadensexperte von der Versicherung Hamburg-Mannheimer. Ist der Keller nur ein paar Tage überflutet, „kommen die Hausbesitzer im günstigen Fall mit 20.000 bis 25.000 Mark Schaden davon“, so Stüve – wenn nur der Keller getrocknet, Schlamm herausgeschippt und womöglich ein paar Leitungen erneuert werden müssen.

Dann haben die Hausbesitzer noch Glück gehabt. Schlimmer sieht der Schaden aus, wenn das Haus – etwa nach einem Deichbruch – mit hohem Wasserdruck unterspült wird. „Das kann zum Totalschaden führen“, so Stüve. Die mächtigen Fluten schwemmen das Erdreich vor den Mauern und unter dem Fundament fort. Die Folge: Das Gebäude neigt sich und muß möglicherweise sogar abgerissen werden. Ein solcher Schaden schlägt mit einem gut sechsstelligen Betrag zu Buche.

Von Extremfällen abgesehen, entscheidet eine Fülle von Faktoren über die Schadenshöhe. „Wenn zum Beispiel ein Öltank betroffen ist, dann wird's eine echte Sauerei“, so Stüve. Ausgelaufenes Erdöl tränkt Estrich und Mauern. „Dann kann man nur noch mit dem Preßlufthammer den Estrich aufbrechen.“ Nasse Holzbohlen und Dielen locken zudem Pilze an. „Allein die Trocknung kann mehrere Monate dauern“, meint der Experte.

Wer den Schaden bezahlt, hängt von der Versicherung ab. Mehr als 60 Prozent der Ostdeutschen mit einer Hausratsversicherung sind bei der Allianz-Tochter DVAG versichert. Hochwasserschäden sind hier im Paket enthalten. Unter denjenigen, die andere Versicherungen abgeschlossen haben, ist jedoch nur eine Minderheit gegen Hochwasserschäden abgesichert.

Die Allianz rechnet für das Gebiet um die Oder „mit einer Schadensumme in dreistelliger Millionenhöhe“, so Allianz-Sprecher Wolfgang Heilmann. „Das ist ein Brocken, der verkraftet werden muß.“ Als vor zwei Jahren in Sachsen-Anhalt einige Flüsse über die Ufer traten, mußte der Konzern etwa 70 Millionen Mark an die Versicherten zahlen. Ein tolles Schnäppchen waren die Ost-Geschäfte bisher nicht für den Versicherungskonzern, der nach der Wende die staatliche Versicherung der DDR übernommen hatte.

Die Allianz kassiert im Jahr 17 Milliarden Mark an Beitragssummen und zahlt acht Milliarden Mark an Leistungen aus. „Man muß das Geschäft über das ganze Jahr hinweg betrachten“, tröstet sich Heilmann. „Wenn da ein paar Stürme und Großschäden in der Industrie wegfallen, dann könnte sich das mit den Hochwasserschäden auch wieder ausgleichen.“ BD