Von Regenschirmmachern und Dekomalern

Wenn der Himmel über Hamburg verhangen ist und scheinbar nie mehr endenwollender Nieselregen die Pfützen in Lachen verwandelt, dann freut sich Frank Vertein. Der 57jährige ist der letzte Schirmmacher Hamburgs. In den 40 Jahren, die er seinen Beruf ausübt, haben sich die Handgriffe, mit denen er einen Schirm fertigt, nicht verändert. Fünf Stunden braucht er für ein Exemplar, dessen Verkaufspreis dann bei 150 Mark losgeht. Importierte Billigschirme, pro Jahr sind das rund 40.000 Stück, sind in den Augen Verteins nichts als „Wegwerfmüll“.

Vertein ist einer von insgesamt 51 alten HandwerksmeisterInnen, die der Hamburger Journalist Ulrich Hossner in seinem kürzlich erschienenen Buch „Altes Handwerk in Hamburg“portraitiert. Neben dem nützlichen Werkeln eines Schirmmachers gehört zu der Sammlung auch Exotisches wie etwa das letzte Atelier für „Deko-Malerei“auf dem Kiez. So manches Etablissement hat Erwin Ross schon mit Nackedeis auf Sperrholz verschönert. Doch seit immer mehr Videomonitore die Kundenanimation übernehmen, bemalt er nur noch Schilder für die Bockwurstbuden auf dem Dom.

Oft fließt Zeitgeschichtliches in die Erzählungen vom Auf und Ab der kleinen Betriebe ein: Der Seiler Klaus Lippmann etwa mußte 1962 mitansehen, wie sein Betrieb in den Fluten versank. Zwanzig Jahre später war er gezwungen, aufgrund der Hafenerweiterung Altenwerder zu verlassen und nach Hausbruch überzusiedeln.

Hossners bebilderte Beschreibungen der Menschen und ihrer Handwerkskunst versprechen Kurzeweile. Und wer sich die alte Kunst anschließend aus der Nähe anschauen und den MeisterInnen über die Schulter gucken möchte, dem bietet der Autor im Anhang eine Adressenliste aller Kleinbetriebe. Sabine Schrader

Ulrich Hossner: Altes Handwerk in Hamburg und Umgebung. Christians Verlag, Hamburg 1997, 34 Mark. (96 Seiten, zahlreiche Schwarz/Weiß-Fotos)