„Test the Right!“

Warum Hamburgs Schuhgeschäfte sich plötzlich von links auf rechts umstellen  ■ Von Heike Dierbach

„Es muß sich viel ändern“, meint nicht nur die CDU, sondern auch Hamburgs Schuhhandel. Er startet in diesen Tagen eine Reform der besonderen Art. Im Getümmel des Schlußverkaufes bemerken es zwar nur die wenigsten KundInnen, treffen wird es aber jedeN früher oder später: Ab 1. August wechselt die Seite der Anprobeschuhe von links nach rechts. Woher der plötzliche Kurswechsel in der Hansestadt?

„Das ist eine bundesweite Initiative“, erklärt Wolfgang Linnekogel, Geschäftsführer beim Verband des Schuh-Einzelhandels in Hamburg, „Ziel ist ein besserer Schutz gegen Diebstahl“. Bisher war die Auslage der Schuhe nämlich lediglich in Hamburg durch eine Empfehlung des Fachverbandes einheitlich geregelt – 80 Prozent der Geschäfte in der Hansestadt setzten auf „links“. Schleswig-Holstein und Niedersachsen dagegen haben auch rechte Schuhe im Angebot.

Kombinierfreudige Diebe hatten so leichtes Spiel und kurze Wege: „Es gibt Banden, die regelrecht auf Schuh-Diebstahl im großen Stil spezialisiert sind,“berichtet Linnekogel, „die reisen herum und besorgen sich die jeweils passenden Gegenstücke.“Seit etwa fünf Jahren habe diese Form der Kriminalität „schlimme Ausmaße“angenommen. Besonders die großen Ketten sind betroffen. „Teilweise fehlte uns von einer ganzen Kollektion die linke Seite“, klagt eine Verkäuferin bei Schuh-Kay in Altona.

Zugenommen habe auch die Brutalität der Diebstähle, erzählt Linnekogel, „während einer aus der Bande die Verkäuferinnen mit dem Messer bedroht, räumen die anderen die Regale leer.“Der Hamburger Verband der Schuh-EinzelhändlerInnen fordert deshalb schon lange eine bundesweit einheitliche Regelung. Diese empfiehlt nun, ab 1. August den rechten Schuh zu probieren. „Test the Right!“in der Hansestadt, so kurz vor der Bürgerschaftswahl?

Die VerkäuferInnen sehen's pragmatisch. „Das bedeutet viel Arbeit, alle Schuhe auszutauschen“, meint eine Angestellte bei Görtz, „die sind ja auch schwer, und jetzt während des Sommerschlußverkaufes ist das ganz schön stressig.“Andere nehmen es gelassen und räumen nach und nach um. Die neue Regelung ist zwar nicht verpflichtend für die HändlerInnen, Linnekogel rechnet aber damit, daß sich die meisten Geschäfte daran halten werden. Wer nicht mitzieht, läuft schließlich Gefahr, die eigene Auslage linker Schuhe einzubüßen.

Kann also in Zukunft nur Schuhe kaufen, wer in rechten Socken daherkommt? Eine Verkäuferin beruhigt: „Die Kunden haben bisher ja auch nicht auf die Seite geachtet.“Und da sage noch eineR, lechts und rinks könne man nicht velwechsern.