Nordirland sieht weniger Soldaten

Die britische Regierung hat einen Teil der Bedingungen der IRA für einen Waffenstillstand erfüllt. Unklar ist, ob sich auch die Unionisten an den Friedensgesprächen beteiligen werden  ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck

Die britische Regierung hat mit ersten Zugeständnissen auf den Waffenstillstand der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) reagiert. Nordirland-Ministerin Marjorie Mowlam gab am Montag abend bekannt, daß die Präsenz britischer Soldaten auf nordirischen Straßen reduziert werden soll. Auch die meisten Schützenpanzerwagen, die in Nordirland „Pigs“ heißen, werden in den Kasernen bleiben.

Zunächst gelten diese Maßnahmen für die Belfaster Innenstadt und die ländliche Gegend südlich der Hauptstadt. Die Regierung in London will jedoch so schnell wie möglich in der gesamten Provinz „die Sicherheit auf Normalmaß“ zurückschrauben, sagte Mowlam. Sie warnte jedoch, daß die Zugeständnisse im Handumdrehen wieder rückgängig gemacht werden können, falls das nötig sein sollte.

Die IRA hatte vor zehn Tagen eine bedingungslose Waffenruhe verkündet, am vorigen Sonntag jedoch einige Bedingungen nachgeschoben. Auf Druck der Basis verlangte man nun die Freilassung einiger inhaftierter IRA-Mitglieder sowie die Verlegung der anderen in irische und nordirische Gefängnisse.

Außerdem soll, wenn es nach der IRA geht, die Zahl der in Nordirland stationierten britischen Soldaten reduziert werden – eine Forderung, die mit der Kasernierung verschiedener Einheiten zumindest teilweise erfüllt ist. Im November will die IRA eine Vollversammlung einberufen, um über die zunächst auf vier Monate befristete Verlängerung des Waffenstillstands zu entscheiden.

Vorgestern trafen britische Regierungbeamte zum erstenmal seit dem neuen Waffenstillstand mit Vertretern von Sinn Féin, dem politischen Flügel der IRA, zusammen. Dabei ging es um die Vorbereitung der Mehrparteiengespräche, die am 15. September beginnen sollen. Falls der Waffenstillstand bis dahin hält, ist Sinn Féin am runden Tisch dabei. Mowlam hat Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams ein Treffen für nächste Woche angeboten. Es wäre der erste Kontakt auf Ministerebene, seit die IRA den letzten Waffenstillstand vor anderthalb Jahren aufgehoben hat. Bei dem Gespräch wird auch die Ausmusterung der IRA- Waffen auf den Tisch kommen. Demnächst soll eine unabhängige Kommission einberufen werden, die die Herausgabe der Waffen parallel zu den Mehrparteiengesprächen überwachen wird.

Die Unionisten, die die Union Nordirlands mit Großbritannien verteidigen, sind gegen diese Vorgehensweise. Die beiden kleineren Parteien, die UK Unionist Party und Pfarrer Ian Paisleys Democratic Unionist Party, haben ihre Teilnahme an den Mehrparteiengesprächen bereits abgesagt: Solange die IRA ihre Waffen nicht abgegeben habe, werde man sich mit Sinn Féin nicht an einen Tisch setzen. Die größte nordirische Partei, die Ulster Unionist Party (UUP), will ihre Mitglieder befragen, bevor sie über ihre Teilnahme an den Verhandlungen entscheidet. Gerry Adams sagte, er wolle die Unionisten am Verhandlungstisch sehen. Andernfalls müsse der Friedensprozeß eben ohne sie vorangehen.

Tony Blair hat am Sonntag eine halbe Stunde lang mit US-Präsident Bill Clinton telefoniert. Clinton sicherte Großbritannien seine „volle Unterstützung“ bei den Friedensgesprächen zu.

Kommentar Seite 10