Nachgefragt
: Neue Gefahrenzonen

■ Zahl der Verkehrsopfer stieg rapide

Im ersten Vierteljahr 1997 gab es im Land Bremen 682 Verletzte bei Verkehrsunfällen: 34 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 1996. Wir befragten dazu Peter Müller, Verkehrsreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Bremen:

taz: Wie erklären Sie sich die rapide Zunahme der Verkehrsunfälle mit Personenschäden? Allein bei Schwerverletzten von 67 auf 99.

Peter Müller: Die Zahl der Schwerverletzten ist immer ein Indiz für die Zunahme der Fahrtgeschwindigkeit. Anders wäre das mit den Leichtverletzten. Durch den allgemeinen Verkehrszuwachs geht normalerweise die Geschwindigkeit runter. Dadurch sinkt die Gefahr eines schweren Unfall.

Wie war denn die Tendenz in den letzten Jahren?

Die Unfallzahlen mit Personenschäden sank. Aus dem nun vorliegenden Material läßt sich noch keine Tendenzwende herauslesen. Aber wenn die Zahlen jetzt wieder steigen, müßte man die Bremer Verkehrspolitik zur Erklärung mit heranziehen. Wir müssen die Aufschlüsselung nach PKW-, Fahrrad- oder Fußgänger-Unfällen abwarten. Klar ist, daß Senator Schulte (CDU) eine Verkehrspolitik macht, die nicht gerade den Fahrradfahrern und Fußgängern dient.

Was heißt das konkret?

Beispielsweise hat Herr Schulte die Schraffur am Utbremer Kreisel, die den Autoverkehr auf eine Fahrbahn einengte, wieder zurückgenommen. Danach gab es an dieser Stelle wieder mehr Fahrradunfälle.

Ist Senator Schulte wirklich so PKW-freundlich? Mit dem Ausbau der Linie 4 und 6 verdient er sich doch einige Meriten.

Das erkennen wir neidlos an. Andererseits baut man da gleichzeitig neue Gefahrenzonen. Im Schwachhauser Ring entstehen jetzt beispielsweise zwei Abbiegespuren in die Kirchbachstraße, sodaß die Fußgänger eine große Distanz überbrücken müssen, um zur Haltestelle zu kommen. Ein anderes Problem: Neue Ampeln – zum Beispiel am Osterdeich – werden jetzt grundsätzlich mit Druckknöpfen versehen. Die sind für Fahrradfahrer nicht immer leicht zugänglich.

Hat dies nicht den positiven Effekt einer Deregulierung des Straßenverkehrs?

Nein. Die Fahrradfahrer müssen trotzdem sehr lange warten. An der Neuenlander Straße steht man bis zu zwei Minuten. Das verführt natürlich dazu, daß die Fahrradfahrer verstärkt bei Rot rüberfahren – in der Annahme, die Ampel sei kaputt.

Fragen: äff