À la Schönhuber & Co.

■ betr.:„Schröder schickt einen Strauß Parolen“ u.a., taz vom 21.7. 97, „Der an die Stammtische lädt“ u.a., taz vom 22.7. 97

Jan Feddersen schreibt, Schröder habe mit seinen „Strauß-Parolen“ nichts anderes getan, als die Ängste vieler Menschen ernst zu nehmen“. Mit Verlaub, das tun Schönhuber & Co. auch „nur“. Das Skandalöse dabei ist, das auf dem Rücken der Ausländer zu tun, und vielleicht damit gerade solche Ängste zu schüren!

Zur Reaktion von Jürgen Trittin in der taz schreibt Feddersen: „Der Grüne sagt also nicht, ob es falsch oder richtig war, was Schröder meinte, sondern diffamiert ihn als Rechten.“ Diese Aussage ist schlicht falsch. Trittin hat in dem Interview klargemacht, daß erst dadurch, daß größtenteils Deutsche die Märkte für Prostitution und Drogenhandel schaffen, die „Ausländerkriminalität“ zustande kommen kann. Daß somit die Annahme, man könne die Kriminalität beseitigen, indem man die Ausländer „beseitigt“, falsch ist.

Dann fragt Feddersen, ob es „antiliberal“ sei, die lebenslängliche Verwahrung von Sexualmördern zumindest für diskutabel zu halten“. Also, wenn man wie Schröder pauschal meint, solche Menschen seien, „auch wenn Psychiater etwas anderes sagen“, nicht therapierbar und man müsse diese lebenslänglich wegstecken, was ist das dann, wenn nicht antiliberal und populistisch?

Feddersen nimmt weiter an, daß Schröder seine Aussagen gemacht hat, um Wähler zu erreichen, welche nur gegen Kohls „verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik“, nicht gegen seine Innenpolitik sind. Was schlimm genug wäre, aber auch falsch ist, da Schröder sich ja auch in Wirtschaftsfragen kaum noch von der „modernen“ neoliberalen Politik der Regierungskoalition unterscheidet.

Es gibt, politisch gesehen, nicht sehr viel Grund zur Freude in diesem Land, aber daß man, um ein kleines bißchen in diesem Land verändern zu können, die Ausländer zu Sündenböcken machen muß, wäre ja doch zu traurig, um wahr zu sein. Holger Weiß, Porta Westfalica

Die drei Artikel in Sachen Gerhard Schröder finde ich ganz hervorragend, vor allem den von Jan Feddersen. Es ist meines Erachtens das erste Mal, daß die taz eine Position bezieht (bzw. durch Jan Feddersen zu Wort kommen läßt), die von der sonst gepflegten grünen Hauptlinie abweicht. Eeeendlich mal!

Ich bin ja auch grün, klar. Aber wenn es ab jetzt um Wahlkampf geht und die große Aufgabe der Abschiebung von Helmut Kohl aufs Altenteil, da müssen wir doch froh sein, daß es in der lahmarschigen SPD endlich mal jemanden mit Beißkraft und Witz und Popularität und guten Beziehungen zur Wirtschaft und Charisma gibt. Wenn über so eine Person dann endlich auch an deutschen Stammtischen geredet wird, ist das der erste Schritt zum Erfolg. Das war ja auch das Geheimnis der Schmidt-Regierung – die Einbindung dieser rechts von der heutigen SPD liegenden Schichten.

Die Herren Lafontaine und Scharping haben das nicht begriffen. Es reicht nicht, ein moralisch guter Mensch zu sein. Die SPD hat sich (mindestens) zweimal im Kandidaten geirrt in früheren Wahlzeiten. Und ganz sicher hat sie sich in ihrer Wahlkampagne geirrt. Unsere heutigen Probleme sind eben so riesig, daß eine Werbung mit Kürbissen (!) oder seinerzeit in Berlin mit spielenden Kindern auf der Mauer (!) oder einem Frühstücks-Pärchen (!) nicht mehr ausreicht. Da lachen ja die Hühner (und die Stammtische). Ich habe mich nur geärgert. [...] Beatrice Schneiderreit, Berlin