Harte stehen für Werder gerade

■ Mit Kondomen, Weckern und Gartenzwergen in Grün-Weiß zeigt der echte Fan Flagge in jeder Lebenslage / Kinder sparen fürs Trikot und tragen Werder-Ranzen

Der echte Werder Bremen-Fan demonstriert seine Hingabe in jeder Lebenslage. Gummis mit Zitronen-Latex-Aroma sichern künftig auch im Bett die „kontrollierte Offensive“. Bleibt zu hoffen, daß der Spruch auf den neuesten Verkaufsschlagern der Fan-Shops nicht zum Rohrkrepierer wird: „Für Werder stehen wir gerade“, haben die Werbe-Strategen auf das Doppelpack Werder-Kondome gedichtet. Fehlt nur noch das eingestanzte große „W“auf dem grünen Präser.

Nach wilden Nächten in der Werder-Bettwäsche reißt das „Werder-Lied“(„Wo die Weser einen großen Bogen macht, da sind wir zu Haus“) hartgesottene Fan-Pärchen aus dem Schlaf. Nach den Kondomen ist der Werder-Wecker die neueste Devtionalie, mit der die Werder-Fan-Service GmbH die Grün-Weißen ins Unterbewußtsein der Fußball-Fans einschleust.

Denn wer nicht zu jeder Saison Neues bietet, verliert Boden im Fan-Artikel-Markt. Noch kämpfen die Bremer nach Angaben von Fan-Service-Chef Manfred Blöhm um einen UEFA-Cup-Platz, was den Umsatz mit Trikots, Fahnen, Tassen, Bierseideln, Maskottchen, Krawatten, Dart-Pfeilen oder anderen nützlichen Dingen angeht.

Vorne liegen – wie in der Fußball-Tabelle der Bundesliga auch – die Münchener Bayern vor dem BVB aus Dortmund. Abgeschlagen auf den Plätzen folgen UEFA-Cup-Sieger Schalke 04 und Pokalsieger VfB Stuttgart vor Werder und Borrussia Mönchengladbach.

Die im Vergleich zu Bayerns 40 Millionen bescheidende Summe von fünf Millionen Mark setzt Werders Fan GmbH, eine eigenständige Tochterfirma des Vereins, pro Jahr um. Zum Etat steuert das Fan-Artikel-Geschäft weniger als eine Million Mark bei. „Nicht viel im Vergleich zu den Fernseh- und Zuschauereinnahmen“, sagt Fan-Service-Mann Blöhm.

Seine 20 Mitarbeiter verschicken in Kooperation mit den Versandhändlern von Quelle 30.000 Kataloge. Besonders nach Ostfriesland, in die Gegend rund um Bremerhaven, in den Raum Osnabrück und – den Ost-Idolen Dixie Dörner, Heiko Scholz und Bernd Hobsch sei Dank – auch in die neuen Bundesländer. Wer näher am Weserstadion wohnt, kauft in den sechs Fan-Shops (fünf in Bremen, einer in Oldenburg). Dort werden Handtücher, Werder-Nudeln, Werder-Senf, Werder-Zahnbürste (auch die kleine für die Reise), Werder-Pflaster (“Ich bin Werder verbunden“) und die nach Aussage einer Verkäuferin als Geschenk für die betagtere Fan-Generation beliebten Werder-Gartenzwerge feilgeboten.

Häufigste Kunden und Kaufentscheider in den Läden sind Kinder. Auf ihren Besuch haben sich die Fan-Shops eingestellt und bieten gestreßten Eltern den Kompromiß zwischen Fanatismus und Nützlichkeit: In den Regalen findet sich die komplette Ausstattung zum neuen Schuljahr, vom Ranzen bis zum Wachsmalstift. Der Hersteller zahlt, wie die Produzenten von Nudeln oder Bier auch, eine Lizenzgebühr, um das Werder-Logo verwenden zu dürfen.

Viele Nachwuchs-Fans sparen wie der 13jährige Frank ihr Taschengeld für das richtige Outfit. Immerhin 130 Mark kostet ein Original-Leibchen mit der Aufschrift des neuen Sponsors dafür bekommt jeder direkt im Laden Namen und Nummer seines ganz persönlichen Lieblingsakteurs auf den Rücken geflockt. Bei vorgefertigten Trikots blieben die Läden auf den Hemden sitzen, wenn beliebte Kicker während der Saison verkauft wurden, wie im Vorjahr Rodolfo Cardoso.

Schon der überraschende Sponsorenwechsel der letzten Saison kostete die Fan-Shops: Die alten grün-weißen Hemden mit dem Versicherungs-Schriftzug sind um die Hälfte reduziert. Gekauft werden sie noch immer, in der Ostkurve könne man sich damit nach wie vor sehen lassen, weiß ein Jugendlicher.

Die Geschäfte laufen natürlich besser, wenn Werder oben steht. „Wenn eine Mannschaft einen Titel holt, steigen die Verkaufszahlen um 50 Prozent“, weiß Profi Blöhm. Bei einer verkorksten Saison sacken die Erlöse um 20 Prozent. Aber es gibt auch den Gegentrend: Die echten Getreuen zeigen gerade in schweren Zeiten Flagge für ihre Lieblinge. Sogar des Nachts, wenn doch niemand Fußball im Sinn haben sollte. Joachim Fahrun