Eine Welt aus Ökonippes

■ Ökologischer Schnickschnack ist hip. Doch im Umweltrausch kann es zu Exzessen kommen. Was gestern noch öko war, kann morgen als bedenklich gelten

Warum sind Gartenzwerge so scheiße? Weil Kunststoff und Farbe umweltschädlich erzeugt wurden? Weil aus dem Zwerg Rückstände in den Gartenboden gelangen? Weil die Kitschfiguren einfach zu deutsch sind. Aber wären Importe, schwedische oder kurdische vielleicht, mit dem Prinzip der kurzen Wege vereinbar? Und gibt es eigentlich kompostierbare Varianten?

Probleme der Art Gartenzwerg sind beim Wohnen und Einrichten keine Seltenheit. Die Frage, welche Produkte politisch oder ökologisch vertretbar sind, konzentriert sich hier auf die private Gesundheit. Reichere Leute bekommen häufiger Allergien, warnte bereits vor eineinhalb Jahren Öko-Test und verwies nicht nur auf exotische Speisen, sondern auch auf den Krempel in der Wohnung. Da kommt man schon ins Grübeln, ob man sich dann noch zusätzlich gespritzte Pflanzen in die Vase stellen sollte. Besser wären vielleicht hölzerne Blumen, natürlich mit umweltfreundlichem Wasserlack coloriert. Im ökologischen Waschbär-Katalog gibt es sie frei Haus.

Überhaupt: Dort, wo man die scheinbar urtümliche Natur genießt, wird in Wahrheit mit Giften nicht gegeizt. Vor allem – wir haben es schon immer geahnt – Mitbringsel aus dem Ausland sind verdächtig. Wer in der südländisch bemalten Porzellanschüssel sauren Salat einlegt, löffelt in seinen Körper das Blei, das sich aus der Außenglasmalerei herauslöst. Wie tröstlich, wenn man im Öko-Katalog erfährt, daß ein Produkt in Deutschland hergestellt wurde! Auch wer mit seiner Produktauswahl nicht Kinderarbeit in der Dritten Welt unterstützen will, kauft am besten nur noch deutsche Wertarbeit und „Wir von hier“- Ostprodukte. Die sind wenigstens schön billig. Wenn die nächste Schadstoffwarnung kommt, schmeißt man die neu indizierten Produkte daher lässig in den Müll und kann wieder shoppen gehen. Und die neu erstandenen Lampen sind so herrlich energiesparend, da kann man ruhig welche mit mehr Birnen kaufen – und sie länger brennen lassen.

Neckermann liefert ab dem nächsten Frühjahrs-Katalog die ökologische Bewertungen der Produkte gleich mit. In den unterschiedlichen Teilen der Produktpalette gelten spezifische Anforderungen, welche Umweltstandards die Ware erfüllen muß. Man erfährt, ob die Kuckucksuhr aus Tropenholz ist und wieviel Aluminium die Disco-Spiegelkugel enthält. Stolz kann man endlich zugeben, daß der goldene Rahmen, der die bayerische Alpenlandschaft mit Hirsch und Sturzbach einfaßt, aus Kunststoff ist. Hat man sich sattgesehen, darf er in die gelbe Tonne.

Aber was schenkt man denen, bei denen all die Nippes schon vor sich hinstauben? Ein schadstofffreier Wollappen wäre da ein prima Geschenk. Er würde der Diskussion über Wandel und Beharrung gleich noch den Drive geben, ob die Rechtschreibreform progressiv ist. Matthias Fink