Das Wetterchaos wird zunehmen

■ Auch wenn die Klimamodelle noch unzureichend sind, erste zuverlässige Vorhersagen sind bereits möglich

Die Kritik der Sonnenforscher trifft einen wunden Punkt. Viele Aspekte können die Klimaforscher mangels Rechenleistung noch nicht so berücksichtigen, wie sie gerne möchten: etwa die Wolkendecke oder das Wettergeschehen in der Stratosphäre – auch die Auflösung der Modellrechnungen ist noch recht grob (250 mal 250 Quadratkilometer). So ist immer noch nicht gesichert, ob der menschliche Einfluß aufs Klima schon in den Wetterdaten sichtbar ist. Unklar bleibt auch, ob das Oder-Hochwasser eine Folge des CO2-Ausstoßes ist. Schwere Fluten gab es schließlich schon immer.

Obwohl der CO2-Gehalt der Atmosphäre durch die Industrialisierung bereits um ein gutes Drittel gewachsen ist, ist die globale Temperatur noch nicht über die natürliche Schwankung hinaus angestiegen. Vor anderthalb Jahren verkündete Klaus Hasselmann, Direktor am Hamburger Max- Planck-Institut für Meteorologie (MPI), es sei 95prozentig sicher, daß die spezielle Verteilung des Temperaturanstiegs eindeutig auf den Treibhauseffekt hindeute. Inzwischen hat er auf 97 Prozent erhöht, doch viele Klimaforscher sind noch zurückhaltend.

Daß der Treibhauseffekt dem CO2-Anstieg nachhinkt, liegt an den Ozeanen, die „ein gewaltiges Speicher- und Transportorgan für Wärme verkörpern“, so Hasselmann. Doch wenn dieses „träge Schwungrad im vielfach verzahnten Getriebe der Klimamaschine“ erst mal in Fahrt komme, gebe es so schnell kein Halten mehr. Und ohne politische Maßnahmen wird sich der CO2-Gehalt der Luft bis 2100 noch einmal verdoppeln.

Bereits jetzt können die Klimamodelle besondere Naturereignisse wie den El Niño vorhersagen. Der El Niño ist eine drastische Änderung der Meeresströmung im Pazifik in Folge wechselnder Winde, die das weltweite Klima alle drei bis fünf Jahre durcheinanderbringt, ungewöhnliche Dürren und Fluten nach sich zieht. Bereits im November konnte mit dem Modell des Hamburger MPI ein Rekord-El-Niño vorhergesagt werden; inzwischen braut er sich vor Peru zusammen.

Die meisten Klimaforscher glauben, daß in den kommenden zehn Jahren die Erwärmung durch den Menschen sichtbar werden wird. Denn daß sie kommt, daran zweifelt kaum einer. „Ich wäre überrascht, wenn es anders käme“, sagt etwa Max Suarez, Klimamodellierer der Nasa, und spricht für viele. Wenn die Temperatur im Mittel um zwei Grad steigt, wie die Forscher vorhersagen, heißt das nicht, daß sie überall gleich steigt. Teilweise kann es viel heißer werden, anderswo auch etwas kälter. Sicher ist, daß jede schnelle Klimaerwärmung – wie sie sich zur Zeit anbahnt – das Wetter durcheinanderbringt: das heißt mehr Dürren, mehr Stürme und mehr starke Fluten – wie an der Oder.