Holocaust-Opfer müssen auf Entscheidung warten

■ New Yorker Richter verschiebt Beschluß über Sammelklagen gegen Schweizer Banken. Kläger sollen mit Untersuchungskommission nach Kompromiß suchen

New York/Zürich (AP/rtr) – Die Milliardenklagen von Holocaust-Opfern gegen die Schweizer Banken bleiben in der Schwebe. Der New Yorker Richter Eward Korman vertagte die Entscheidung über die Zulassung der Sammelklagen am Donnerstag abend.

Die erste öffentliche Anhörung vor dem US-Bezirksgericht des New Yorker Stadtteils Brooklyn über drei Sammelklagen von rund 18.000 Holocaust-Überlebenden beziehungsweise deren Angehörigen war mit großer Spannung erwartet worden. Nach fast zehnstündigem Schlagabtausch der zwei Dutzend Anwälte entschied Richter Edward Korman jedoch weder über die Zuständigkeit des Gerichts noch über die Zulassung der Klagen. Der Entscheidungstermin blieb auch noch unbekannt.

Jedoch forderte Korman die Parteien auf, sich mit der Volcker- Kommission zusammenzusetzen, die den Umgang der Schweizer Banken mit den nachrichtenlosen Vermögen aus der Nazizeit untersucht. Dabei soll geklärt werden, ob eine Kompromißlösung möglich ist. Der Richter reagierte damit indirekt auf ein Schreiben des früheren US-Notenbankpräsidenten und jetzigen Vorsitzenden des schweizerisch-jüdischen Untersuchungskomitees, Paul Volcker. Er hatte darauf hingewiesen, daß ein Gerichtsverfahren über die Sammelklagen die Arbeit der Kommission behindern und die Zusammenarbeit der Schweizer Banken beeinträchtigen könnte.

Die Anwälte der Kläger machten deutlich, daß sie nicht bereit seien, die Sammelklagen fallenzulassen. Ein paralleles Gerichtsverfahren könne frischen Wind in die Untersuchung bringen. Außerdem hätten Klienten zwar die Zusammenarbeit mit der Volcker-Kommission gesucht, ihre Anträge seien jedoch unbeantwortet geblieben.

Richter Korman sicherte zu, den Antrag der Kläger zu prüfen, den früheren UBS-Wachmann Christoph Meili als Zeuge im Vorverfahren zuzulassen. Am vergangenen Dienstag hatte Meili erneut schwere Vorwürfe gegen die Bankgesellschaft erhoben.

Unterdessen forderte der Schweizer Bundespräsident Arnold Koller die Bürger gestern zu Solidarität auf, um das angeschlagene Ansehen des Landes wieder zu heben. Anläßlich des Nationalfeiertages sagte Koller, die Schweiz sei immer erfolgreich gewesen, „wenn die Landesteile, Stadt und Land, Alt und Jung zusammenhielten, wenn die Starken die Schwachen stützten“. Um menschliche Not im In- und Ausland zu lindern, habe die Regierung eine „Schweizerische Stiftung für Solidarität“ vorgeschlagen. Der Staat will sieben Milliarden Franken in die Stiftung einbringen.