Ganz schnell draußen

■ St. Pauli 0:0 gegen Gütersloh. Trainer Eckhard Krautzun muß viele Schludrigkeiten ertragen – wohl noch für länger

Mit seinem Urteil hielt Eckhard Krautzun nicht hinter dem Berg. „Wir haben zu dumm gespielt“, meinte der neue Trainer des FC St. Pauli nach der zweiten saisonalen Nullnummer seiner Mannschaft, dem schaurigen 0:0 gegen Gütersloh vom Freitag abend am Millerntor. Aber er habe immer gesagt, daß der direkte Wiederaufstieg voller Tücken sei und der Weg durch die zweite Liga „kein Spaziergang“werde.

Daß Krautzun seine wenig schmeichelhafte Bewertung als grundsätzliche Prävention verstanden wissen wollte, darf man annehmen. Ganz speziell ging sie jedoch an einen, auf den der Nachfolger von Uli Maslo nicht sehr gut zu sprechen war: Michael Mason. Der 26jährige – zuvor wegen Meckerns verwarnt – hatte in der Schlußminute wegen eines Remplers am Gütersloher Frank Scharpenberg einen Platzverweis kassiert.

Angesichts der gelb-roten Karte wurde es auch Krautzun zu bunt. „Diese Sache ist nicht zu entschuldigen“, hatte der 56jährige kein Verständnis für den Ausrutscher des neu vom HSV erworbenen Kickers. Eine Geldstrafe ist Mason sicher, noch deutlichere Worte vom Trainer und – nach Ablauf der Sperre – vermutlich erst einmal ein Platz auf der Ersatzbank.

Der US-Nationalspieler Mason ist ein ganz spezielles Kaliber: Der 100.000-Mark-Mann, der es nur zu wenigen Erstligaeinsätzen gebracht hatte und bei St. Pauli eigentlich regelmäßig spielen wollte, ist antrittsschnell, ist ballfertig, ist talentiert – ist vor allem aber davon überzeugt, zu Höherem berufen zu sein. In der zweiten Liga, dort, wo selbst Techniker das Grätschen lernen, wo „Klopper“kein wirkliches Schimpfwort ist, dort fühlen sich solche Feinspieler und Elegantlinge wie Mason nicht wohl. Da nörgeln sie rum und lamentieren, wenn es nicht recht laufen will, die Bälle reihenweise verspringen und ein Gegenspieler etwas rüder arbeitet.

Übungsleiter Krautzun mag es gar nicht, wenn seine Untergebenen sich nicht am Riemen reißen können und abheben, wo er doch schon Mühe genug hat, die Euphorie im Umfeld zu bremsen. Der erfahrene Coach weiß zwar zu schätzen, daß in seiner Mannschaft ein „großartiges Potential“schlummert, er weiß aber auch, daß es nicht wenige gibt, die sich noch damit schwertun, zu akzeptieren, derzeit nicht erstklassig zu sein.

Bei der Umgewöhnung ist Krautzun gerne behilflich, wobei manche von alleine erkennen, was gefragt ist. „Der Junge hat mir sehr viel Freude gemacht“, lobte Krautzun ausdrücklich den Vertragsamateur Thomas Meggle, bis vor kurzem noch beim bayerischen Viertligisten FC Starnberg beschäftigt und am Freitag bester St.-Paulianer.

Der 22jährige Mittelfeldspieler, einer von sieben Neuzugängen, die zum Einsatz kamen, scheint verstanden zu haben, daß Talent nur ein Versprechen auf die Zukunft ist, daß sich aber nicht alle Versprechen erfüllen müssen. Sein Trainer würde es gerne sehen, wenn Meggle den einen oder anderen Kollegen an seiner Erkenntnis teilhaben ließe. Clemens Gerlach