Genpfütze, in der jeder Tropfen nach Kohle lechzt

■ betr.: „Der Schafstall wird Arznei fabrik“, taz vom 25.7. 97

Dem menschlichen Genom das Rüssel-Gen implantieren: das halte ich für einen gangbaren Weg ins nächste Jahrtausend. Dann könnte der Mensch seine Nase nämlich noch wesentlich höher, tiefer, weiter in die Luft oder sonstwohin st(r)ecken als bisher (und nebenbei etwas sauberere Luft in der Höhe schnüffeln). Außerdem gäbe es neue Absatzmöglichkeiten auf dem übersättigten Markt: Denkbar wäre beispielsweise der Rüsselmuff für den Winter oder der Mäanderschal, einsetzbare und auswechselbare Luftfilterkartuschen verschiedener Düfte, aufsetzbare Antennen für den Mobilfunk in netzungünstigen Gegenden (nebenbei verringern sich durch den Abstand zwischen Antenne und Gehirn die gesundheitsschädlichen Einflüsse des Elektrosmog). [...]

Kurzum: Wir sollten endlich aufhören, in diesen ethischen Kleinklein-Kategorien zu denken, nämlich ob Eingriffe in die menschlichen Erbinformationen gut oder böse sind; eindeutige Aussagen sind da sowieso nicht möglich! [...]

Aber bevor sich irgendein irrer Fanatiker in irgendeiner Form sein Hirn verdoppeln läßt, sollten sich die Großmächte schon mal den Absaugrüssel dafür entwickeln lassen. Und vielleicht eignet sich ja der (Bundes-)Primat deutscher Bundesfinanzen ganz besonders dafür – als absaugtechnisch schon extrem hochentwickeltes Basisschaf und fernab aller Rücksichtnahme auf Freiwilligkeit. Oliver Zude, München

Genial! Hallo Europa. Hallo Brüssel. Endlich.

Zwar zappelt der Euro noch zwischen harten Dreikommanull und weichen Dreikommairgendwas, doch ihr habt die Tür zur wahren Einheit dieser europäischen Gemarkung aufgestoßen. Gene. Patente. Zukunftsmanagement.

[...] Zukunft also. Da mach' ich mit meinen schlappen 28 Jahren wohl auch noch eine Weile mit. Wie viele Europäer habe ich zwar weder Kapital, Boden noch Arbeit, aber eben doch von diesen sagenhaften Genen. Und zwar nicht zu knapp.

Humankapital. Bioschatzkiste. Zauberhut Minimikrokosmos. Keine Frage: Ich gehöre dazu.

Wie Aktien bin ich jetzt dank dieser undurchschaubaren Molekülketten und dank dieser neuen Gesetze im Wert potentiell steigend. Nun gilt es nur noch einen Biodesigner zu überzeugen, daß mit meinen Genen richtig Kohle zu machen ist, daß es sich bei meiner Genpfütze nicht um Zufall handelt, sondern daß sie einen von langer Hand geplanten Glücksfall für die gesamte EU darstellen. Eine Genpfütze, worin jeder Tropfen nach Kohle lechzt. 100 Prozent EU-Kompatibilität versteht sich ebenso wie Abrechnung auf Euro- Basis.

Nehmen wir zum Beispiel die Geninformationen für meine beiden Gesäßflanken: absolut unbehaart, 100 Prozent abwaschbar, europäischer Standard. Es kommt allerdings noch besser: Hornhautansätze, die als „Sitzleder“ für verworrene Lebenssituationen Gold wert sein können. Muskulatur: eignet sich hervorragend zu Vorgängen, die landläufig mit „Arschzusammenkneifen“ bezeichnet werden. Auch nicht schlecht für kommende Zeiten, oder?

Jetzt die Sonderausstattung: perfekte Immunität. Tritte in diese Körperregion werden ebensowenig an meine Zentrale weitergeleitet wie das, was unter dem Sammelbegriff „Verarschung“ anzutreffen ist. Nein, dieser deutsche Hintern – übrigens auch optisch eine runde Sache – ist krisensicher, für Streikaktionen nicht hochzubekommen und sitzt sich – samstags pünktlich um 18 Uhr – hervorragend in Ledersofas vor der „Sportschau“. Na, ist das nichts?

Das europäische Haus auf solchen Hinterbeinen! Genial. Ich melde Patent an. Hubert Koch, Freiburg