Israel verstärkt die Polizeipräsenz

■ Sicherheitsminister Kahalani ruft wegen Hinweisen auf neue Anschläge die erhöhte Alarmbereitschaft aus. Arafat steht nun auch innenpolitisch unter Druck

Jerusalem (taz) – Israel hat gestern aus Furcht vor neuen Selbstmordanschlägen im ganzen Lande die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Sicherheitsminister Avigdor Kahalani rief die erhöhte Alarmbereitschaft aus. In Jerusalem patrouillierten zusätzliche Einheiten der Grenzpolizei an Bushaltestellen, vor Supermärkten und anderen vielbesuchten Plätzen.

Zwischen dem zentralen Busbahnhof und dem Jehuda Mahaneh Markt, auf dem am vergangenen Mittwoch 15 Menschen bei einem Selbstmordanschlag getötet worden waren, stand die Polizeikette besonders dicht.

Ein Polizeisprecher erklärte, es gebe nicht nur einen allgemeinen Verdacht auf neue Anschläge, sondern konkrete Erkenntnisse und Hinweise. Hamas hatte in einem Bekennerschreiben weitere Attentate angekündigt, sollte Israel nicht bis gestern abend alle Hamas-Gefangenen freigelassen haben. Nach wie vor hat die israelische Polizei allerdings Zweifel an der Echtheit des Schreibens.

Ungeklärt ist auch noch immer die Identität der Attentäter. Nach Rundfunkmeldungen nahm die Polizei gestern in der Westbank erneut 37 Palästinenser fest, die radikalen islamistischen Organisationen angehören sollen. An der Grenze zur Westbank wurden die Armee-Einheiten verstärkt und zusätzliche Kontrollpunkte eingerichtet. Nach der sonntäglichen Kabinettssitzung forderte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die palästinensische Autonomiebehörde auf, einen „Krieg gegen den Terrorismus“ zu führen. Verhaftungen allein seien nicht ausreichend. Die Abriegelung der autonomen Gebiete werde aufrechterhalten, erklärte er.

Palästinenserpräsident Jassir Arafat sagte nach einem Gespräch mit dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Alexandria am Wochenende, die israelische Regierung führe „einen Krieg gegen das palästinensische Volk und die Autonomiebehörde“. Er verlangte ein Ende der Abriegelung. Geheimdienstchef Mohammed Dahlan erklärte in Gaza, solange die Abriegelung bestehen bleibe, werde es auch keine Sicherheitskooperation mit Israel geben.

Arafat geriet am Wochenende unter zusätzlichen innenpolitischen Druck, nachdem 16 der 18 Minister seines Kabinetts wegen Korruptionsvorwürfen ihren Rücktritt angeboten haben, wenn Arafat dies wünsche. Das Parlament hatte in der vergangenen Woche die Entlassung des gesamten Kabinetts gefordert. Nur Planungsminister Nabil Schaath und Informationsminister Jassir Abed Rabbo wiesen jeden Gedanken an Rücktritt zurück. Schaath bezeichnete den Bericht als „Lügenpaket“ und drohte gerichtliche Schritte gegen die Parlamentarier an. Georg Baltissen

Bericht Seite 7, Kommentar Seite 10