Strohmänner und Schwarzgelder

■ In Spanien sammeln Untersuchungsrichter Material über die Medienzaren Kirch und Berlusconi. Die Connection der beiden sicherte die Kontrolle von Telecinco

Madrid (taz) – Spaniens Starrichter Baltasar Garzón macht wieder einmal von sich reden. Der Jurist war über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden, als er den Fall „Antiterroristische Befreiungsgruppen“ verfolgte, deren Anschlägen in den achtziger Jahren 28 Menschen aus dem Umfeld der ETA zum Opfer fielen. Jetzt untersucht er die Gebaren des italienischen Medienmagnaten Silvio Berlusconi und seines deutschen Partners Leo Kirch.

Beide sollen bei ihren Investitionen beim spanischen Privatsender Telecinco die Gesetze verletzt haben. Gegen weitere 36 Personen wird wegen Beihilfe ermittelt. Unter ihnen der katalanische Bankier Javier de la Rosa und Telecinco- Direktor Maurizio Carlotti sowie dessen Vorgänger Miguel Durán.

Berlusconis Fininvest habe über verschiedene Strohmänner mehr als die erlaubten 25 Prozent an dem Sender erworben. So steht ein 13-Prozent-Anteil, den die Bank von Luxemburg verwaltet, im Verdacht, eine verdeckte Beteiligung Berlusconis neben dem 50-Prozent-Anteil, den er offiziell hielt, zu sein.

Garzón war Anfang des Jahres von den italienischen Anti-Mafia- Richtern der Operation Saubere Hände auf die Spur gebracht worden. Die Ermittler waren bei der Überprüfung der Fininvest-Bücher aus den Jahren 1989 bis 1995 auf Ungereimtheiten gestoßen. Berlusconi habe hohe Beträge an der Buchführung vorbeigeschleust, um – so die Ermittler – Bestechungsgelder an italienische Politiker zu bezahlen. Zudem sollen die Transaktionen dazu gedient haben, Strohmänner mit dem nötigen Kleingeld zum Erwerb der Anteile auszustatten.

Gleichzeitig soll Berlusconi den spanischen Fiskus um rund eine Milliarde Peseten (zwölf Millionen Mark) betrogen haben. Die Indizien dafür fand Richter Garzón durch Zufall bei einem Verfahren gegen das spanische Finanzministerium aus der Zeit der Regierung des Sozialisten Felipe González. Sechshundert hochrangige Steuererklärungen sollen systematisch verschleppt worden sein.

Unter den fraglichen Akten fand Garzón auch die des deutschen Medienzaren Kirch. Kirch, Berlusconi und der südafrikanische Medienunternehmer Johan Rupert hatten Anfang der neunziger Jahre in ganz Europa ein System von gegenseitigen Beteiligungen aufgebaut, um die Beteiligungsgrenzen der jeweiligen Mediengesetze zu umgehen. Die Kirch- Berlusconi-Connection machte eine gemeinsame Mehrheitsbeteiligung bei Telecinco möglich. Kirch soll wichtige Summen verschwiegen haben, als er 1993 vom Bankier de la Rosa 25 Prozent von Telecinco erstand.

De la Rosa ist einer der Spezialisten, wenn es in Spanien um Steuerhinterziehung, Korruption und andere illegale Machenschaften geht. So hat er sich wegen seiner Aktivitäten im Madrider Baugewerbe und im Bankgeschäft in Barcelona mehrere Verfahren eingehandelt.

Während Fininvest schweigt, springt Berlusconis Rechtspartei Forza Italia in die Bresche und stellt sich schützend vor ihren Parteichef. Im Hause Kirch will man die Anklage erst genau prüfen, bevor eine Stellungnahme abgegeben wird, ließ man vergangene Woche in München wissen. Reiner Wandler