■ Querspalte
: Hamburgs FDP, offen gierig

Aus Hamburg, diesem Tor zur Welt, das eben nur ein Tor ist, um die Welt zu erobern (Lagerfeld), aus eben dieser Hansestadt erreichte uns kürzlich eine Nachricht. Leider eine von jener Sorte, die eigentlich keinen Neuigkeitswert enthält: Die FDP will mit der SPD koalieren. Das klingt nur für den aufregend, der dahinter eine sozialliberale Morgendämmerung wittert. Aber der weiß nichts von den Verhältnissen an der Elbe. Wissen muß man, daß die FDP in der Stadt, in der Ende September die Bürgerschaft neu gewählt wird, quantitativ wie qualitativ den Rang einer politischen Sekte einnimmt.

Das war einst anders. In den 70er Jahren hatte die FDP ein Image, das sie als Alternative zum Sozifilz auszeichnete. Eine weltoffene, bürgerliche, im besten Sinne liberale Partei, die viel auf metropole Kultur hielt und Kunst nicht gewerkschaftlich eingeschränkt sehen wollte. Eine kleine, aber einflußreiche Gruppe also, die milieumäßig davon lebte, daß ihr Koalitionspartner SPD ein Bild abgab, das sehr an Helmut Schmidt erinnerte, aber wenig an Willy Brandt. Das änderte sich 1982 mit der bundesweiten Wende der Partei zu Helmut Kohl. Politikerinnen wie Helga Schuchardt verließen die Hamburger FDP. Zurück blieben smarte Börsenhändler, Immobilienhaie und Grundstücksspekulanten. Zur Strafe beschenkten immer mehr Wähler die Grünen mit ihrer Sympathie und entzogen der FDP ihre Gunst. Bis auf ein Intermezzo am Ende der 80er Jahre verbannte das Wahlvolk die Liberalen seither aus der Bürgerschaft.

Nun will diese offen klientelistisch operierende Gruppe mit der SPD koalieren. Na und? Als ob sie eine Alternative hätte: Die CDU ächzt unter der eigenen Erwartung, hoffentlich mehr als die 23 Prozent der letzten Wahl zu erreichen. Die liberale Offerte ist also eine der gierigen Verzweiflung: Sie will endlich wieder an die Tröge, in denen sie Fleisch vermutet. Insofern ist diese Meldung eine Niedlichkeit, die mehr über die FDP schlechthin aussagt als alle programmatischen (?) Westerwellen zusammen. Jan Feddersen