Plädoyer für Havemann

■ Staatsanwalt nimmt Partei für den drangsalierten DDR-Regimekritiker

Frankfurt a. d. Oder (dpa) – Das Havemann-Verfahren ist nach Einschätzung von Staatsanwalt Christian Jakoby das wichtigste Verfahren in Brandenburg zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht. Er begann gestern mit seinem Plädoyer vor dem Landgericht. Jakoby sagte, in dem Verfahren gehe es um die persönliche Schuld der Angeklagten und deren Bestrafung, nicht um eine Diskriminierung der DDR-Justiz.

In dem Rechtsbeugungsverfahren wird sieben angeklagten DDR- Juristen vorgeworfen, den Regimekritiker Robert Havemann 1976 auf Anweisung der Staats- und Parteiführung unter Hausarrest gestellt zu haben. Drei Jahre später sollen sie ihn wegen eines angeblichen Devisenvergehens zu 10.000 DDR-Mark Geldstrafe verurteilt haben. Nach Worten von Jakoby sind die Taten nach damals geltendem DDR-Recht zu bewerten. Der Grundsatz eines fairen Verfahrens habe auch in der DDR gegolten. Zudem seien Menschenrechte verletzt worden.

Es sei in dem von innen- wie außenpolitischer Bedeutung geprägten Verfahren gegen Havemann 1976 um die Ausgrenzung von Oppositionellen mit strafrechtlichen Mitteln unter Federführung der Stasi gegangen, sagte er. Abläufe und Vorgaben seien konzipiert gewesen, Stasi-Chef Erich Mielke und Staats- und Parteichef Erich Honecker hätte dies genehmigt und bewilligt. Insgesamt habe es rund 200.000 politische Verurteilungen in der DDR gegeben, vor allem gegen Ausreisewillige.

Laut Jakoby haben die Angeklagten die vom MfS vorgefaßten Konzeptionen zur Verhängung des Hausarrests gegen Havemann 1976 befolgt sowie Unterlagen an die Stasi weitergeleitet. Zudem hätten einzelne Angeklagte gewußt, daß die Bestimmungen zur Verhängung eines unbefristeten Hausarrests nicht gegeben waren. Die Einhaltung sei zwei Jahre lang von 200 Stasi-Leuten beobachtet worden und hätte lebenslange Isolation des prominenten DDR-Dissidenten bedeuten können.