Neuer STN-Boß sorgt für Ärger

■ Belegschaft kritisiert Geschäftsführer Krischer / Der will „Sanierungsfall“STN offenbar verkleinern und Personal abbauen

Bei STN Atlas Elektronik kriselt es. Der neue Vorsitzende der Geschäftsführung Gerhard Krischer stößt bei einigen der 3.000 MitarbeiterInnen inzwischen auf offene Ablehnung. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) unterschrieb einen Aushang am firmeninternen Schwarzen Brett mit dem Satz: „Uns steht eine schwere Zukunft bevor, freut Euch nicht zu früh!“Überschrieben ist der Aushang mit „Wacht auf!“

Auch aus dem Betriebsrat kommen kritische Stimmen. So sagte der Gesamtbetriebsrats-Vorsitzende Erik Merks: „Herr Krischer läßt sich schnell zu undurchdachten und teils unseriösen Aussagen hinreißen. Außerdem habe ich den Eindruck, daß er sich noch nicht so recht mit unserem Unternehmen auseinandergesetzt hat.“

Auf harsche Kritik sind vor allem Äußerungen Krischers auf einer Informationsveranstaltung am 17. Juli gestoßen. Dort soll er laut Azubi-Vertretung zur Belegschaft gesagt haben: „Ich bin auch dann nett, wenn ich Blut vergieße.“Krischer reagierte damit erzürnt auf Betriebsrat Merks, der auf der „Jubelfeier Marke Honnecker“nicht wie abgesprochen das Privatleben seines Chefs abfragte, sondern harte Fakten wissen wollte.

Verunsichert hatte Krischer die MitarbeiterInnen dann vor allem mit dem Hinweis, STN sei ein eindeutiger Sanierungsfall. Krischer: „Ich übernehme nur Sanierungsfälle.“In diesem Zusammenhang verwies er darauf, daß Teile von STN abgestoßen werden und bei „unproduktiven“Bereichen Personal reduziert werden müßte. Das erinnert schwer an Krischers Praktiken in seinem vorherigen Job. Er war Vorstandsvorsitzender der Ymos AG, eines Autoteile-Herstellers. Dort stellte Krischer die Produktion um, veräußerte Firmenbereiche und stand am Ende mit einem Minus von 82 Millionen Mark als „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstüchtigkeit“dar.

Darüber hinaus weigerte sich der neue STN-Boß seinen Untergebenen, Angaben zur Zukunft der Finanz- und Marketingabteilungen zu machen. Auf die Frage nach seinem Konzept, soll Krischner nur geantwortet haben: „Ich gebe keine Regierungserklärung ab.“

Offensichtlich will Krischer den militärischen Bereich des Unternehmens wieder stärken und ausbauen. „Dann sprach er von seinen Träumen von unbemannten Flug- und Wasserobjekten und vor allem von unbemannten Panzern“, so die JAV. Zum Torpedobau wird Krischer zitiert: „Mit Torpedos habe ich mich noch nicht auseinandergesetzt, aber es ist eine der besten Bereiche, die es zu unterstützen gilt.“Unterstützen will Krischer auch den Bereich Schiffselektronik. Jedenfalls will er ihn nur unter seiner Führung verkaufen. Dazu ist er auf der Suche nach einem Partner, den er laut JAV bereits gefunden hat. Wen, wollte er der Belegschaft aber nicht verraten.

Fest steht dagegen, daß die drei Geschäftsführer in Bremen zusammengezogen werden. Verwunderlich ist, warum British Aerospace immer noch keinen Stellvertreter gestellt hat. In der Londoner Zentrale war dazu keine Stellungnahme zu erhalten. Betriebsrats-Chef Merks sagte jedoch: „Entweder will keiner mit Krischer zusammenarbeiten oder die Engländer haben noch andere Hintergedanken.“Krischer selbst wollte sich gestern gegenüber der taz nicht äußern. Jens Tittmann