„Das kotzt mich an“

■ Katharina Thalbach über ihren „Don Giovanni“ mit Techno im E-Werk

taz: Frau Thalbach, haben Sie neuerdings Ihre Vorliebe für Techno entdeckt?

Katharina Thalbach: Es ist keine Musik, die ich mir stundenlang zu Hause anhören würde. Das kann ich nicht behaupten. Ich habe sie verstehen gelernt durch die DJs, die mir erklärt haben, was im Techno woher kommt und worum es dabei geht. Es gibt auch guten und schlechten Techno. Aber in dieser „Don Giovanni“-Inszenierung kommt die Techno-Musik gar nicht so lange vor, als daß man jetzt einen Zugang zu Techno bekommen könnte, wenn man es noch nicht kennt. Es ist eher ein Zitat, um klarzumachen, in welchem Milieu wir uns befinden. Nämlich im E-Werk, dem ehemaligen Techno- Tempel.

Der „Don Giovanni“ wird aber als Annäherung von DJ-Culture und Klassik, von Techno und Mozart angekündigt. Jetzt sagen Sie, Techno sei dabei nicht mehr als ein Zitat?

Wissen Sie, das kotzt mich an. In der Öffentlichkeit stürzen sich alle auf die Techno-Geschichte. Dabei ist Techno wirklich nur ein kleiner Bestandteil der Inszenierung. Natürlich ist es etwas Neues, in die Oper einzubrechen und Techno zu spielen. Aber das geschieht nur an ganz wenigen Stellen, nämlich insgesamt viermal. Vor allem aber spielen wir hier die Oper „Don Giovanni“. Wir haben Versuche gemacht, mehr Musik von den DJs zu integrieren und sogar Arien darauf zu singen. Aber das hat nicht funktioniert. Mozart ist stärker. Gott sei Dank.

Das Umfeld ihres Don Giovanni ist die ravende Gesellschaft, charakterisiert durch Sex, Plateauschuhe, koksende Kids und ein „Let the sunshine in your heart“- Ende. Sind das nicht nur Klischees?

Klischees haben manchmal die üble Angewohnheit, daß sie stimmen.

Wichtiger als Techno ist Ihnen offensichtlich Mozart. Flattern die Nerven vor der ersten Opernpremiere?

Ja, logisch, und wie. Vor allem haben wir paradoxerweise im E-Werk immer wieder Probleme mit dem Strom. Uns kippt andauernd der Computer weg, und wir haben noch viel zu tun. Das Lampenfieber ist enorm.

Sie haben in dieser Spielzeit den „Don Juan“ von Molière am Maxim Gorki Theater in Berlin inszeniert. Warum wollen Sie das jetzt noch mal gesungen haben?

Mit dem Stoff wird man nie fertig. Das ist, als ob man „Hamlet“ machen würde. Außerdem war es für mich eine gute Gelegenheit, mit einem Stoff, den ich schon kannte, den Einstieg in die Oper zu bekommen. Ich habe dadurch meine Scheu verloren, mit Musik zu arbeiten.

Der Respekt vor der Oper und dem großen Mozart scheint also groß zu sein. Wie haben Sie sich vorbereitet?

Ich hatte eine sehr kurze Vorbereitungszeit, weil ich erst auf den letzten Drücker gefragt worden bin, ob ich Regie mache. Die Idee für das Projekt kommt von Christoph Hagel, dem Dirigenten. Er hat das Geld organisiert und die Sänger ausgesucht, und er arbeitet schon länger mit dem Orchester. Ich habe dann ganz strenge musikalische Sitzungen gemacht, wo ich die Musik verstehen lernte. Ich habe leider das große Manko, daß ich keine Noten kann. Christoph Hagel hat mir ganz genau erklärt, was in der Musik was bedeutet. Ich habe die Musik natürlich sehr oft gehört, mir dann die Inszenierung überlegt und sie mit den Sängern zusammen step by step erarbeitet. Und ich muß sagen: Die ganzen Vorurteile, die ich gehört habe über Sänger und Orchester, kann ich in keinster Weise bestätigen. Es war klasse. Interview: Elke Buhr