Keine Schonzeit für Platzhirsche

■ SPD-Nachwuchs fordert zwei sichere Plätze im Bundestag

NachwuchspolitikerInnen der SPD haben gestern für die Bundestagswahl 1998 zwei sichere Listenplätze gefordert. Die SPD müsse mit der Tradition brechen, daß altgediente PolitikerInnen das Bundestagsmandat als Altersruhesitz beanspruchten, forderte eine zehnköpfige Gruppe von jungen SPD- PolitikerInnen. Sie berufen sich auf einen Beschluß des Bundesparteitags vom November 1996, wonach bei der nächsten Bundestagswahl die junge Garde stärker zum Zug kommen soll: 30 Abgeordnete unter 40 Jahre und 15 unter 30 Jahre alt sein, lautet das Ziel.

Doch von diesem Beschluß sei im Vorfeld der Nominierungen nichts zu spüren, kritisiert der politische Nachwuchs. Um ein Direktmandat will sich im Wahlkreis Kreuzberg/Schöneberg der Juso- Vorsitzende Matthias Linnekugel (28) bewerben. Der Wahlkreis ging zuletzt mit knappem Ergebnis an die SPD. Doch die innerparteiliche Konkurrenz ist groß: Neben dem Landesvorstandsmitglied Andreas Wehr bewerben sich auch die Schönebergerin Mechthild Ravert und der Schöneberger Kreisvorsitzende Eckhardt Barthel. „Das Rennen ist offen“, schätzt Linnekugel.

Um das Direktmandat in der PDS-Hochburg Marzahn/Hellersdorf bewerben sich Iris Spranger (35) und Kerstin Raschke (38). Beide sind stellvertretende SPD- Kreisvorsitzende in ihrem Bezirk. Da in dem Wahlkreis Gregor Gysi (PDS) antritt, dürfte eine SPD- Kandidatin allerdings wenig Chancen haben. Raschke und Spranger wollen sich deshalb auch um einen Listenplatz bewerben. „Es steht ein Generationswechsel an“, sagte die Unternehmerin Sprange.

Der Konkurrenzkampf um die begehrten Mandate ist allerdings groß: Von den derzeit neun Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten treten sieben erneut an. Mit dem früheren Fraktionschef Ditmar Staffelt und dem Landesvorsitzenden Detlef Dzembritzki bewerben sich zwei weitere alte Hasen. SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller räumte ein, daß die Mangel an Nachwuchs ein „allseits bekanntes Defizit“ sei. Die Initiative „30 unter 40“ werde positiv aufgenommen. „Aber deswegen stellt sich der Durchbruch noch nicht ein.“ Dorothee Winden