Staatsanwalt ermittelt wegen Mobbing

■ Nach dem Selbstmord einer Polizistin, die nach Aussage ihrer Angehörigen von Kollegen in den Selbstmord getrieben worden sein soll, wird Staatsanwaltschaft aktiv. Grüne: „Klarer Fall von Mobbing“

Der Berliner Polizei steht möglicherweise ein Fall von Mobbing ins Haus, mit dem sich bereits die Staatsanwaltschaft beschäftigt. Anlaß ist der Tod einer Polizistin, die nach Aussage der Angehörigen von ihren Kollegen in den Selbstmord getrieben worden sein soll. Die Familie aus Bayern hat Anzeige gegen ehemalige KollegInnen ihrer Tochter erstattet. Mit dem Selbstmord der 24jährigen Beamtin wird sich auch der Innenausschuß des Abgeordnetenhauses befassen. Den Antrag reichten die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen ein, die von „einem klaren Fall von Mobbing“ ausgehen.

Nach Aussage von Michaela Blume, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, hat sich die Polizistin Stefanie L. am 20. Juli das Leben genommen. Erst zehn Tage zuvor habe sie gegen zwei Polizeibeamte und zwei weitere Kolleginnen Anzeige wegen Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede erstattet. Oberstaatsanwalt Bernd von Heintschel-Heinegg bestätigte, daß die Angehörigen der Polizistin von einem Zusammenhang zwischen dem Verhalten ihrer Kollegen und dem Selbstmord ausgehen und Anzeige erstattet haben. Das Landgericht Regensburg geht nun diesem Vorwurf in einem Ermittlungsverfahren nach.

Den Vorwurf der Angehörigen, Stefanie L. sei „gemobbt“ und in den Selbstmord getrieben worden, läßt Polizeipräsident Hagen Saberschinsky (CDU) nicht gelten. Er distanzierte sich entschieden von dieser „haltlosen Unterstellung“. Saberschinsky räumte jedoch ein, daß die junge Frau von einer Frauenvertreterin und dem Sozialpsychologischen Dienst der Polizei „besonderen Rat und besondere Hilfe“ erhalten habe.

Zu den Gründen, weshalb Stefanie L. „besondere Hilfe“ benötigte, wollte sich die Polizei nicht äußern. Polizeisprecher Dieter Schultz teilte aber mit, daß Anfang April ein Sondereinsatzkommando der Polizei die Wohnung von Stefanie L. wegen angeblicher „Verhaltensauffälligkeiten“ und dem Verdacht auf Selbstmordgefahr durchsucht habe.

Kurz darauf mußte sich die Beamtin fachärztlich untersuchen lassen. Das Urteil des Arztes: „Dienstuntauglich“. Damit war die Polizeibeamtin im April ihren Job los. „Gegen zwei Polizisten des Einsatzkommandos läuft ein Verfahren wegen Hausfriedensbruchs“, teilte Sprecherin Blume gestern der taz mit.

Nach dem Bekanntwerden des Falles durch die Tageszeitung B.Z. meldeten sich bei dem Blatt mehrere Polizisten, die Mobbing-Opfer geworden seien. Der Kommentar von Schultz: „Bei uns gibt es dazu nicht mehr Beschwerden als bei anderen Betrieben.“ Sabine Möhring