■ Der Hisbollah-Angriff zeigt die Schwäche von Israels Politik
: Der gefangene Affe

Wie kann man Affen fangen? Ganz einfach: Man nimmt eine Flasche, bindet sie an einen Baum und legt eine Pflaume hinein. Der Affe greift in die Flasche, nimmt die Pflaume und will sie herausziehen, aber er kann nicht: Die Faust mit der Pflaume paßt nicht durch den Flaschenhals. Natürlich könnte der Affe sich jederzeit befreien, er muß nur die Pflaume loslassen. Aber gerade dazu ist er nicht imstande.

So ist unsere Lage im Libanon. Als die israelische Armee zwei Jahre nach dem unglückseligen Libanon- Feldzug sich endlich von dort zurückzog, hatte Schimon Peres die geniale Idee, einen „Sicherheitsstreifen“ im Südlibanon besetzt zu halten. Diese Besetzung hat dazu geführt, daß die Hisbollah, die bis dahin eine winzige fundamentalistische Randgruppe war, sich als Freiheitskämpfer bewähren konnte und nun eine Massenbewegung und Elite-Guerillatruppe ist. Damaskus und Teheran haben ihr Vergnügen daran. Die Syrer benutzten sie als Ersatztruppe, um Israel unter Druck zu setzen und zu zwingen, die syrischen Golan-Höhen zurückzugeben. Was kann Israel tun?

Eigentlich einfach: Die Hand aus der Flasche ziehen. Aber gerade das ist so schwer. Es würde bedeuten, daß die Regierung eingesteht, daß die Idee des Sicherheitsstreifens Quatsch war und daß Hunderte von Soldaten umsonst gefallen sind. Doch sie beharrt darauf: Wenn wir uns zurückziehen würden, würden die Hisbollah-Leute hinterherkommen und uns terrorisieren. Dagegen gibt es drei Argumente. Erstens würde die schiitische Bevölkerung im Libanon keinen opferreichen Kleinkrieg gegen Israel billigen. Denn dies wäre ja kein libanesischer Befreiungskampf mehr. Zweitens: Wenn dies doch passieren würde, kann die israelische Armee unser Land genauso gut beschützen, wenn ihre Stellungen hinter unseren Grenzen liegen. Das sagen einige führende Militärs. Und drittens kann die Hisbollah auch derzeit israelische Städte und Dörfer unter Mörserbeschuß nehmen, wie sich gestern zeigte. Doch die israelische Regierung (und auch die Opposition) lehnt einen „einseitigen Rückzug“ ab.

Was bleibt übrig? Im Grunde nur eins: Frieden mit Syrien, denn ohne syrische Unterstützung wäre die Hisbollah machtlos. Rabin glaubte an diese Lösung. Er führte Verhandlungen mit Syrien unter der Parole „Die Größe des Rückzugs (aus dem Golan) ist die Größe des Friedens“. Das hieße: Für einen ganzen Frieden – Rückzug aus dem ganzen Golan. Als Nebenprodukt: Rückzug aus dem Südlibanon und von Syrien garantierte Ruhe dort. Aber daran vermag Netanjahu nicht zu denken. Für ihn kommt auch der kleinste Rückzug aus dem Golan nicht in Frage. Uri Avnery

Der Autor lebt als Publizist in Tel Aviv