Kassen im Clinch

■ Rückzahlungen der AOK stoßen auf wütende Kritik der Konkurrenz

Bonn (AP/dpa) – Die Kritik am neuen Bonussystem einiger Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) reißt nicht ab. Die Kassen machten sich des Verrats an den Kranken schuldig, weil sie sich aus dem Solidaritätsprinzip ausklinkten, sagte Walter Hirrlinger, Präsident des Verbands der Kriegs- und Wehrdienstopfer, Behinderten und Rentner (VdK). Kranke, die auf medizinische Leistungen angewiesen seien, würden zu Versicherten zweiter Klasse. Die Ortskrankenkassen in Hamburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wollen in diesem Jahr erstmals Mitgliedern, die außer für Vorsorgeuntersuchungen kaum beim Arzt waren, bis zu 870 Mark zurückerstatten.

Allein in Hamburg haben nach Auskunft der AOK von den 320.000 Mitgliedern für 1996 rund 70.000 „Anträge auf Teilnahme am Bonusprogramm“ gestellt. In Mecklenburg-Vorpommern wollen rund 140.000 der 610.000 Mitglieder Geld zurück.

Der Bundesverband der Innungskrankenkassen (IKK) nannte das Vorgehen der AOK Berlin und Hamburg einen „verzweifelten Versuch gebeutelter Großstadtkassen“, die Abwanderung guter Risiken zu verhindern. Gerade die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) würden über den gesetzlich vorgeschriebenen Risikostrukturausgleich zudem erheblich von anderen gesetzlichen Krankenkassen – also deren Beitragszahlern – subventioniert.

Der Sprecher des AOK-Bundesverbandes, Rainer Eikel, räumte ein, daß es sich in erster Linie um eine Maßnahme handelt, mit der Versicherte davon abgehalten werden sollen, zur privaten Konkurrenz abzuwandern.

Der Verband der Hausärzte kritisierte das neue Bonussystem, weil es Kranke vom rechtzeitigen Arztbesuch abhalten könne. Dieter Adam, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, sagte im Saarländischen Rundfunk, in der Hoffnung auf eine Beitragsrückerstattung am Jahresende könnten die Patienten Krankheiten verschleppen.