Beim 2. Mal schon ein „Halbklassiker“

■ Jan Ullrich gewinnt das Profirennen bei den 2. HEW Cyclassics – Schwerer Unfall eines Amateurs

Rudi Altig sprach aus, was alle dachten: „Der Veranstalter möchte, daß Jan Ullrich die zweiten HEW-Cyclassics gewinnt. Das würde diesem Halbklassiker gut zu Gesicht stehen.“Diesen Wunsch konnte das neue deutsche Sportidol dem sportlichen Leiter erfüllen. Nachdem er im Profirennen 190 Kilometer durch Hamburg geradelt war, gelang es ihm, auf den letzten Metern aus einer Spitzengruppe von vier Fahrern auszubrechen und sich so das Preisgeld von 7.000 Schweizer Franken zu sichern. In der nachfolgenden Sprintankunft um Platz zwei setzte sich der Belgier Wilfried Peeters gegen Jens Heppner durch. Selbstverständlich war Ullrich überglücklich, ausgerechnet in seiner Quasi-Heimatstadt gesiegt zu haben.

Vor den Profis begaben sich bereits ab neun Uhr morgens 4.397 Amateure und Hobbyradler auf den Rundkurs. Sie konnten zwischen zwei Streckenlängen wählen, 170 und 60 Kilometern. Dabei ging es weniger darum, als Erster durchs Ziel zu gehen, sondern schon am frühen Sonntag vormittag den inneren Schweinehund zu überwinden. Auch dieses Jahr gingen etliche Prominente an den Start, darunter der ehemalige Träger des gelben Trikots, Klaus-Peter Thaler, Schwimmstar Stefan Pfeiffer oder Boxer Dariusz Michalszewski. Einzig Helmut Schulte, Manager des FC St. Pauli, traute sich nicht die volle Länge zu und ließ sich nach Wedel bringen, um die Strecke abzukürzen.

Ob man ein Radrennen, daß erst das zweite Mal ausgetragen wird, bereits als „Halbklassiker“bezeichnen kann, ist mehr als fraglich. Verglichen mit den echten Radsportklassikern ist die Hamburger Veranstaltung noch eine Nummer zu klein. Daran ändert auch die originelle Idee, Radsport-Amateure auf ein Rennen für Jedermann (und -frau) zu schicken, nichts. Aber Brüllen gehört zum Geschäft. Schließlich wollen die Veranstalter von der Agentur Upsolut ebenso wie die sportlichen Leiter Rudi Altig und Olaf Ludwig erreichen, daß die dritte Ausgabe im nächsten Jahr als Weltcuprennen anerkannt wird.

Eines dieser Rennen soll, Jan Ullrich sei Dank, in Deutschland ausgetragen werden. Neben Hamburg gelten Köln und Bühl als aussichtsreichste Kandidaten für diese lukrative Veranstaltung. „Die Chance, daß Hamburg den Zuschlag bekommt steht 50:50“, berichtet Altig. Aber auch er weiß, daß in Hamburg Berge Mangelware sind und ein den Ansprüchen eines Weltcup gemäßes Rennen kaum möglich ist. „Dafür gibt es vor allem an der Elbe sehr schwere Windpassagen“, erklärt Christian Toetzke, der Gesamtleiter und Hauptorganisator der Cyclassics. Ob das die Verantwortlichen vom Bund Deutscher Radfahrer überzeugt, die am heutigen Montag noch einmal die Strecke in Augenschein nehmen?

Überschattet wurde das Radrennen von dem schweren Unfall eines 32-jährigen Hobby-Fahrers. Er kam beim 170-Kilometerrennen in einer Rechtskurve von der Fahrbahn ab und prallte mit dem Kopf gegen ein Verkehrsschild. Mit einem lebensgefährlichen Schädelhirntrauma wurde er von einem Rettungshubschrauber ins UKE geflogen.

Eberhard Spohd