Synagoge soll wiederbelebt werden

■ Jüdische Gruppe macht auf vergessenes Gotteshaus in der Brunnenstraße aufmerksam. Nach dem Krieg als Büro genutzt

„Ich weiß noch, wie hier früher die Juden ein und aus gingen“, erinnert sich Johanna Ladewig. Die 80jährige hat schon während des Dritten Reiches in der Rosenthaler Vorstadt gewohnt. Auch dort, zwischen Torstraße und Bernauer Straße, lagen nach der Reichspogromnacht die Scherben auf den Straßen. Jetzt wohnt Johanna Ladewig im 1. Stock im Seitenflügel der Brunnenstraße 33, der Blick aus ihrem Wohnzimmerfenster richtet sich genau auf eine kleine einstöckige Synagoge im Hinterhof. Diese durfte in der Nacht des 9. November nicht angezündet werden – wegen der Brandgefahr für die umliegenden Mietswohnungen. Nur eine Tafel an der Front des Hauses weist auf die Synagoge hin, ansonsten scheint sie in Vergessenheit geraten zu sein.

Aus dieser Vergessenheit wollen junge JüdInnen die ehemalige Privatsynagoge holen. Zur „Wiederbelebung“ lud die Gruppe Meshullash (hebräisch für Dreieck) gestern ein. Mit einer Mulitmedia- Ausstellung „Jüdisches Leben in Berlin – Tradition und Visionen“, die sie in der Brunnenstraße zeigten, will die Gruppe, die sich nach den rassistischen Angriffen von Rostock 1992 gründete und unabhängig von der jüdischen Gemeinde arbeitet, zweierlei erreichen: Zum einen Aufmerksamkeit für das vergessene Gebäude schaffen, zum anderen die Vielseitigkeit des jüdischen Lebens in der Stadt präsentieren. Seit gestern hängt nun eine Mesuse an der Tür unter den hebräischen Buchstaben. In dieser Kapsel findet sich ein Papierstreifen, auf dem ein jüdischer Grundsatz nachzulesen ist. Nachdem das Innere des Gebäudes von den Nazis völlig zerstört wurde, kennzeichneten die Meshullash-Leute den Backsteinbau erneut als jüdisches Haus, wie es dem Brauch entspricht. Das Innere des Hauses hat jedoch nichts mehr von einer Synagoge: Die bunten Butzenscheiben sind zerstört, die niedrigen Decken und die braunen Heizungsrohre erinnern mehr an Lagerräume denn an ein Gotteshaus. Die Firma Berlin Kosmetik, berichtet Johanna Ladewig, habe in der DDR hier Büros eingerichtet. Heute steht das Gebetshaus noch unter der Verwaltung der Wohnungsbaugesellschaft Mitte. Diese soll inzwischen, so Britta Jürgs von Meshullash, einen Alteigentümer ausfindig gemacht haben. Die zukünftige Nutzung des leerstehenden Gebäudes ist jedoch nach wie vor unklar. „Wäre doch schön, wenn dort wieder Musik gespielt würde“, meint Johanna Ladewig. Barbara Junge