Nzwani-Land fürchtet eine Invasion

Auf der abtrünnigen Komoreninsel sollen inzwischen Regierungssoldaten und Söldner gelandet sein. Französische Regierung will von der verarmten früheren Kolonie nichts wissen  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Im „Staat von Nzwani“, der vor einer Woche seine Unabhängigkeit proklamierte und im nächsten Schritt wieder eine französische Kolonie werden will, mehren sich die Gerüchte über eine Militärintervention. Drei Schlauchboote mit Regierungssoldaten und den üblichen Söldnern der „Islamischen Bundesrepublik Komoren“ sollen am Wochenende auf der Insel im Indischen Ozean gelandet sein. Auf der Nachbarinsel Mwali, deren Bewohner dem Beispiel von Nzwani folgten und ihrerseits die französische Flagge gehißt und Barrikaden gebaut haben, gingen gestern die Demonstrationen gegen die komorische Zentralregierung weiter.

Bloß auf die Hauptinsel der Komoren, Njazidja, ist der aufrührerische Geist bislang nicht übergesprungen. Präsident Mohamed Taki Abdoulkarim, der nach dem letzten Putschversuch und einer französischen Militärintervention im Herbst 1995 an die Macht kam, ist allerdings auch in der Hauptstadt Moroni isoliert. Sein Angebot, eine „Regierung der nationalen Einheit“ zu bilden, lehnte die Opposition ab. Einer ihrer Führer, Prinz Said Ali Kemal, erklärte, Taki sei „unfähig zum Dialog“. Das Land brauche dringend eine neue Verfassung, Neuwahlen und die „freundschaftliche Aufmerksamkeit Frankreichs.“ Doch Paris zeigt kein Interesse, sich der völlig verarmten Komoren anzunehmen. Die französische Regierung pocht auf die „territoriale Integrität“ des Inselstaates und will sich ausnahmsweise einmal völlig aus dessen inneren Angelegenheiten heraushalten. Erschwerend kommt für die Sezessionisten hinzu, daß ihr Archipel seit dem Fall des Apartheidregimes im benachbarten Südafrika, mit dem Frankreich via Komoren Handel trieb, jede wirtschaftliche Attraktivität verloren hat. Und schließlich gibt es in Paris noch die Sorge vor einem Nachahmungseffekt in anderen verarmten Ex-Kolonien.

Vor Ort sind alle Beteiligten davon überzeugt, daß der Schlüssel zur Lösung des Konfliktes in Paris liegt. Nicht nur weil Paris die Komoren mit Subventionen, Beratern und einem militärischen Beistandspakt unterstützt, sondern auch, weil Frankreich direkt vor der Nase der „Islamischen Bundesrepublik Komoren“ ein eigenes Standbein behalten hat. Die vierte Komoreninsel Mayotte ging 1975 nicht mit in die Unabhängigkeit, sondern blieb französisch. Tausende Bewohner der anderen Komoreninseln versuchen, in das „Eldorado“ nebenan zu fliehen, das seit 1992 strenge Visa-Bestimmungen eingeführt hat. Jährlich kommen ein paar Dutzend dieser Boat people auf der Flucht um; rund 700 werden von der französischen Polizei zurückgeschickt.

Wie zu erwarten, ist der Status von Mayotte erneut ins Gespräch geraten. Wie schon 1975 die UNO, die OAU und die Zentralregierung in Moroni verlangten, sagt jetzt auch der komorische Oppositionschef Prinz Said Ali Kemal: „Frankreich muß Mayotte verlassen“. Auf Mayotte sorgt das für Verunsicherung. Der Abgeordnete der Insel im französischen Parlament, Henry Jean-Baptiste, erklärte gegenüber der taz, die französische Regierung habe die „moralische Verantwortung, in dem Konflikt zu vermitteln“. An eine Loslösung seiner Insel von Paris will er jedoch gar nicht denken, denn: „Wir waren französisch vor Nizza und Savoyen.“