Der US-Arzt rät: Kiff dich gesund!

■ Regierungsexperten sehen vielfältigen Nutzen von Marihuana als Medikament für Aids- und Krebskranke. Professoren empfehlen Entwicklung eines Inhaliergeräts. Clinton-Regierung verfolgt Marihuanaanbau weiter

Berlin (taz) – US-Regierungsärzte haben in einer am Wochenende veröffentlichten Studie den Einsatz von Marihuana als Medizin empfohlen. Das National Institut of Health (NIH), vergleichbar mit dem Bundesgesundheitsamt, veröffentlichte einen entsprechenden Bericht einer neunköpfigen Expertenkommission.

Das NIH hatte im Februar die Experten zusammengerufen, um sich im Streit um die Zulassungsfähigkeit von Marihuana als Medizin beraten zu lassen. In dem Expertenbericht heißt es nun, Marihuana wirke besser als einige klassischen Medikamente, zum Beispiel gegen Appetitlosigkeit. Dies gelte auch für den Einsatz von Marihuana bei Krebskranken, Aids-Patienten, Patienten mit Nervenleiden und Augenüberdruck. Ob Hanf auch mit neueren Medikamenten konkurrieren könne, müsse nun geklärt werden.

Der Report platzt in eine aufgeheizte öffentliche Diskussion in den USA. In den Bundesstaaten Kalifornien und Arizona hatte die Bevölkerung im vergangenen November per Volksabstimmung entschieden, daß Ärzte Marihuana als Medikament empfehlen dürfen. Im Mai hatte sich auch der größte Ärzteverband Kaliforniens erstmals für den Einsatz von Marihuana als Medikament ausgesprochen.

Gleichzeitig bleibt die Droge nach US- Bundesgesetzen verboten. Richter hatten zwar kalifornische Ärzte vor juristischer Verfolgung in Schutz genommen. Doch Ende Juli hatte die Polizei in Los Angeles den 27jährigen Unternehmer und bekannten Marihuana-Aktivisten Todd McCormick festgenommen, der Marihuana für zwei Millionen Dollar zu medizinischen Zwecken angebaut hatte.

Daß die in Cannabispflanzen enthaltene Substanz Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) bei Aids- und Krebspatienten nützlich ist, wird dabei auch von den US-Bundesbehörden nicht geleugnet. Sie sind allerdings der Ansicht, daß Marihuana in gerauchter Form nicht anders wirkt als in Pillenform. Die Federal Drug Administration (FDA), vergleichbar dem Bundesgesundheitministerium, hatte schon Ende 1992 eine THC-Pille zur Behandlung von Übelkeit bei Krebs-Strahlentherapie und von Appetitlosigkeit bei Aids freigegeben.

Die Experten gehen jetzt deutlich weiter. Marihuana wirke anders als die THC- Pille. Cannabis könne Patienten, die an Überdruck im Augapfel leiden, zudem das Augenlicht erhalten. Und um dem Ärgernis abzuhelfen, daß man beim Rauchen von Marihuana auch medizinisch unerwünschte Substanzen inhalieren muß, empfahlen sie die Entwicklung eines Inhaliergeräts. Hermann-Josef Tenhagen

Der Bericht ist verfügbar im Internet: www.nih.gov/news/medmarijuana/

MedicalMarijuana.htm