Wer in der Kirche arbeitet, muß glauben

■ Das christliche Jugenddorf fordert von allen Mitarbeitern Kirchenmitgliedschaft

Berlin (taz) – Beschäftigte diakonischer Einrichtungen, die nicht Mitglied der Kirche sind, sollen künftig noch stärker dazu angehalten werden, in eine christliche Kirche einzutreten. Es werde „in letzter Zeit mehr darüber diskutiert“, ob Mitarbeiter kirchlicher Altenheime, Jugend- und Erholungsstätten nicht ausnahmslos auch Kirchenmitglieder sein müßten, erklärte Wolfgang Thielmann, Sprecher des Diakonischen Werkes.

Wie Thielmann sagte, entwickele ein Ausschuß jetzt neue Leitlinien der diakonischen Arbeit, in denen die Kirchenmitgliedschaft eine wichtige Rolle spiele. Künftig würde dieses Leitbild dann zumindest bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern eine große Rolle spielen. Bisher gibt es in den Landeskirchen unterschiedliche Leitsätze zu diesem Thema.

Das Diakonische Werk in Hamburg betont beispielsweise in seinen Thesen: „Die Zusammenarbeit von Nichtmitgliedern und Kirchenmitgliedern in diakonischen Einrichtungen kann sich auf Wortlaut und Geist wichtiger neutestamentlicher Aussagen stützen.“ So freizügig sind andere Fachverbände nicht. Beim christlichen Jugenddorfwerk (CJD) beispielsweise steht bei Mitarbeitern im Arbeitsvertrag, daß sie Mitglied einer Kirche sein müssen.

Bei den CJD-Beschäftigten im Osten herrscht deshalb jetzt Katerstimmung. Das CJD im Osten übernahm Einrichtungen vom SED-Staat. Deshalb wurde von den Mitarbeitern auch nicht gleich verlangt, christlich zu werden. Etwa die Hälfte der 1.300 CJD-Beschäftigen im Osten gehöre nach wie vor keiner Kirche an, schätzt Edwin Biwoll, Vorsitzender der CJD-Mitarbeitervertretung.

Mit dieser Freizügigkeit ist es nun vorbei: Ein Beschluß vom vergangenen Jahr legt fest, daß jeder Jugenddorfler bis zum Jahre 1999 in eine christliche Kirche eintreten muß. Leitende Mitarbeiter müssen sogar schon in diesem Jahr der Kirche beitreten. Andernfalls verlieren die Beschäftigten ihren Job.

„Arbeitsrechtlich ist dagegen leider nichts zu machen“, bedauert Biwoll. Die Klausel, daß die Kollegen der Kirche angehören müssen, steht bei Ostbeschäftigten schon lange im Arbeitsvertrag. Die Leitung des Jugenddorfes habe den Beschäftigten jedoch zu Beginn gesagt, daß man die Klausel „nicht restriktiv“ anwenden werde.

Daß die strengere Betrachtungsweise der Kirchenmitgliedschaft auch finanzielle Ursachen hat, wird von der Diakonieleitung dementiert. Es ginge vielmehr um Fragen nach dem Sinn der Diakonie, betont Thielmann. „Es ist doch bedenklich, wenn ein Bewohner in einem evangelischen Altenheim ein Gespräch über Glaubensinhalte beginnen will und der Mitarbeiter dann sagt, damit habe er nichts zu tun.“ BD/r.a.