Warten auf die gegebene Zeit

■ Das Hamburger Methadonprogramm läuft ersatzlos aus, fürchten SuchtbetreuerInnen. Sie laden an den Infotisch

Tausend Abhängige mehr, abgebrochene Therapien und weniger Methadon – Szenen aus Hamburgs Drogenpolitik 1998, fürchten die Landesstelle gegen Suchtgefahren und der Fachverband Ambulante Therapie. Denn am 31. Dezember dieses Jahres endet das Hamburger Methadon-Programm. Ob und wie der Vertrag zwischen Krankenkassen und Gesundheitsbehörde verlängert wird, ist unklar.

„Ohne Erneuerung wären bis zu 2.000 Süchtige ohne Betreuung“, sagte gestern Gerd Rakete, Geschäftsführer der Landesstelle gegen Suchtgefahren. In diesem Fall gälten die bundesweiten Richtlinien zur Methadonvergabe, und die sind strenger als der jetzige Vertrag. Die Konsequenz: Abhängige müßten die Behandlung abbrechen.

Rund 3.000 Süchtige bekommen derzeit Methadon. Das soll auch so bleiben, beteuerte Horst Bossong, Drogenbeauftragter des Senats. „Entweder auf Bundesebene ändern sich die Richtlinien, oder alle Beteiligten verlängern zu gegebener Zeit in Hamburg den Vertrag." Wann die Zeit gegeben ist, konnte Bossong nicht festlegen. An strengeren Regeln für die Methadon-Vergabe habe aber niemand Interesse.

Auch die Angestellten Kassen (DAK) „wollen da nichts blockieren“, sagte Pressesprecher Günter Steffen zur taz. Momemtan werde zwar geprüft, ob das Methadonprogramm sein Ziel erreiche, sprich, Integration und Entgiftung fördere. Aber „wenn alle Vertragspartner im Boot bleiben, tun wir das auch.“

Falls alle Beteiligten dabeibleiben. „Keine Stellungnahme“wollte gestern die AOK abgeben. Die Allgemeine Ortskasse bezahlt einen großen Teil des Methadons. Hier ist Abwarten angesagt, erklärte ein Sprecher. Bis im September die Gesundheitsbehörde mit den Kassen über eine Vertragsverlängerung beraten hat.

Weil das nicht gerade Vertrauen weckt, haben die Landesstelle gegen Suchtgefahren und der Fachverband Ambulante Therapie die Methadon-Woche ausgerufen. „Wir wollen noch vor den Wahlen darauf hinweisen, daß das nicht nur ein Problem für die Abhängigen ist, sondern auch für die Bewohner der betroffenen Stadtteile“, sagte Gerd Rakete von der Landesstelle. Bis Freitag steht ein Info-Zelt auf dem Gerhard-Hauptmann-Platz. Heute um 20 Uhr diskutiert Gesundheitssenatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD) mit Drogenhelfern und Politikern im Hamburg-Haus, Doormannsweg 12. Judith Weber