Liga droht Kahlschlag

■ Kritik an Kürzungen. Senat soll auch Stellen betriebsbedingt abbauen

Eine zunehmende „Verstaatlichung“ im Sozialbereich hat gestern die Liga der Freien Wohlfahrtsverbände beklagt. Laut Aussagen des Liga-Sprechers, Hans- Jochen Brauns, plane der Senat für das Haushaltsjahr 1998 Einsparungen von Sachmitteln in Höhe von einer halben Milliarde Mark. Davon sollen allein 135 Millionen Mark durch Streichungen im Sozialbereich erbracht werden. „Diese Kürzungen gehen zum überwiegenden Teil zu Lasten der nichtstaatlichen Träger“, beklagte Brauns. Als ungerecht kritisierte er, daß demgegenüber Stellen im öffentlichen Dienst nicht gestrichen würden. Brauns plädierte deshalb dafür, daß auch dort Stellen abgebaut werden müßten und der Senat zu betriebsbedingten Kündigungen greifen solle. Das damit gesparte Geld solle in die soziale Infrastruktur und Dienstleistungen gesteckt werden.

Von den Kürzungen betroffen sind vor allem die freien Kindertagesstätten und Schülerläden, Erziehungs- und Familienberatungsstellen sowie Drogen- und Suchthilfe-Angebote. So sollen die Zuwendungen für die Kitas um 30 Millionen Mark reduziert werden. Dadurch gingen von fast 33.500 Kita-Plätzen 2.800 verloren. „280 Betreuerstellen sind deshalb von der Kündigung bedroht“, sagte Manfred Kräutlein, der bei der Liga für Jugend und Familie zuständig ist. Die Familien- und Erziehungsberatungsstellen soll es nicht ganz so hart treffen: Sie sollen mit 200.000 Mark, das sind fünf Prozent, weniger auskommen. Im Bereich der Suchthilfe der freien Träger soll nach Angaben der Senatsjugendverwaltung der Förderetat um eine Million Mark auf 16 Million Mark gekürzt werden. Die Liga forderte baldmöglichst ein Gespräch mit Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD). Diese hatte vor zwei Monaten eine mögliche Streichliste vorgelegt, in welchen Bereichen die 135 Millionen Mark gespart werden sollen. Stahmer hält laut ihrer Sprecherin Almuth Draeger eine Kürzung von höchstens 50 Millionen für vertretbar. nau