■ Die Bundesbank kann die Zinsen später anheben. Na und?
: Die überschätzten Hüter des Geldes

Na wunderbar. Die Bundesbank hat einen ihrer drei Leitzinse gestern unverändert gelassen. Niedrig wie seit einem Jahr, können sich Banken mit günstigem Geld von der Institution deutscher Stabilität versorgen. Alle, die Baukredite aufnehmen wollen, haben noch zwei Wochen Bedenkzeit bis zur Sitzung des Zentralbankrats. Dann können die Hüter über Geldmenge und Inflation immer noch die beiden anderen Zinssätze anheben. Denn obwohl sich die Bundesbanker nicht als Stimulanten von Währungshöhenflügen – wie momentan bei Dollar und Pfund – und Konjunktur sehen, beobachten sie zumindest die Preissteigerung mit sauertöpfischer Miene. Die nähert sich seit vier Monaten kontinuierlich der Zwei-Prozent-Marke und wird wohl im Herbst diese für die Bundesbank magische Grenze überschreiten. Um das flottierende Geld zu beschränken, kann sich die Bundesbank dann immer noch entschließen, die Zinsen anzuheben.

Na wenn schon. Linke Apologeten werden zwar aufschreien: Die Bundesbank würgt die Konjunktur ab! Die Arbeitslosenzahlen sind den Bankern gleichgültig! Die Bürger können sich den Traum von der Doppelhaushälfte nicht erfüllen! Das Gezeter wird verhallen. Dollarkurs und Dax werden kurzfristig sinken. Ansonsten wird sich nichts ändern. Eine Zinssteigerung von einem Prozent mehr oder weniger wird die bescheidene wirtschaftliche Erholung nicht beeinflussen. Wer anderes behauptet, lenkt von seinen wirklichen Motiven ab. Unternehmer werden in Deutschland mit höheren Zinsen nicht weniger investieren als bisher. Arbeitsplätze werden mit oder ohne Zinsanhebung weiter verschwinden. Neue Jobs werden so rar wie zuvor bleiben. Denn längst sind die Investitionsentscheidungen deutscher Unternehmer von der Höhe der Zinsen entkoppelt.

Die Zinsen sind nicht nur grundsätzlich immer zu hoch, sondern sie sind schlicht kein Kriterium für Investitionen mehr. Auch das ist eine Folge der wirtschaftlichen Globalisierung. Investiert wird dort, wo die Märkte sind, wo die Steuern niedrig, die Umweltauflagen gering, die Arbeiter billig und willig und die Wechselkursverhältnisse günstig sind. Die Bundesbank wie gewohnt als Verhinderin der Konjunktur zu schelten, reicht also nicht mehr. Wenn überhaupt noch ein finanzpolitisches Signal Unternehmer im Land zu Investitionen motivieren kann, dann sind es sinkende Steuern. Diese Chance ist vertan. Ulrike Fokken